Ladinisch sprechen auf der Welt nur 30.000 Menschen, aber gesungen klingt es zauberhaft, wie die drei Damen von Ganes aus den Dolomiten beweisen

Prinzenbar. Nein, Sie brauchen sich nicht zu bemühen, dieses Wort auf Englisch auszusprechen. Es heißt nicht gäins. Es heißt Ga-nes, zwei Silben, ganz einfach. Ganes ist der Plural von Gana. Und was ist eine Gana? "Eine Waldfrau. Halb Hexe, halb Fee", erläutert Elisabeth Schuen. "Sie ist lieb und nett, kann aber auch Verwünschungen ausstoßen." Waldfrau Elisabeth sitzt neben ihren beiden Mitfeen Marlene und Maria in einem Straßencafé in Hamburg und erzählt von zu Hause, von den Dolomiten. Da sind sie alle drei aufgewachsen, in einem Dorf namens La Val in Südtirol. Marlene und Elisabeth sind Schwestern, Maria Moling ist ihre Cousine. Gemeinsam bilden sie die Band Ganes, und die ist so ziemlich das Liebenswürdigste, was der europäischen Popmusik von einem ihrer Ränder seit langer Zeit widerfahren ist.

Nun ist Ganes keinem modernen Kaspar-Hauser-Märchen entsprungen. Die Band wurde nicht auf einem Heuschober von La Val entdeckt. Die Mädchen sind alle mit 19 von zu Hause weggegangen, nach Klagenfurt, nach Salzburg, nach Innsbruck, um Musik zu studieren. Elisabeth hat es auf dem Mozarteum Salzburg immerhin bis zum Konzertexamen geschafft, die beiden anderen schmissen die Ausbildung.

Im Sommer 2007 heuerten sie auf dem Konzertschiff an, mit dem der österreichische Musiker und Völkerverbinder Hubert von Goisern Europa konzertierend auf der Donau bereiste. Dort erst fanden sie sich als Band, dort erst wuchs die Idee, gemeinsam in ihrer Muttersprache zu singen: Ladinisch.

Das Ladinische ist die italienische Variante des Idioms, das im Schweizer Kanton Graubünden gesprochen wird. Beide Sprachen gehören zum Rätoromanischen. Die Ganes-Mädels reden untereinander Ladinisch, ihre Songs sind auf Ladinisch, und dass der riesengroße Rest der Welt nur Bahnhof versteht, wenn sie singen, macht überhaupt nichts. Muss man vielleicht Portugiesisch können, um sich in den Strudel der Gefühlswelten des Fado hineinziehen zu lassen?

Zwei spielen Geige, zwei spielen Gitarre, eine kann gut trommeln, und sie singen alle drei. Wenn Ganes morgen in der Prinzenbar ihr gerade veröffentlichtes zweites Album "Mai Guai" vorstellt, hat sie vier Begleitmusiker dabei, die das manchmal sanft ins Elektronische gewendete Klangbild der neuen Platte akzentuieren.

Doch der seelenvolle Folk-Pop der drei Damen bezieht seinen Charme und seine Qualität hauptsächlich aus der Mischung ihrer Stimmen und aus dem akustischen Instrumentarium. Der Gesang klingt treuherzig im besten Sinne; da singen drei Herzen, die sich und einander treu bleiben.

Das erste, 2010 erschienene Album war mehr eine Band-Produktion, damit waren sie hinterher nicht so zufrieden, und wenn man sich YouTube-Videos von Auftritten anschaut, dann reißt einen das nicht unbedingt vom Hocker. Aber jetzt haben die Ganes-Mädels Korrekturen vorgenommen, Stimmen und Saiteninstrumente konsequent nach vorn gemischt, und das klingt alles unwahrscheinlich sympathisch, sommerlich, leicht und schön.

Als Kandidat für den Strandbar-Hit des Jahres empfiehlt sich die Nummer mit dem zungenbrecherisch aussehenden Titel "bun sciöchal é", den trotzdem jeder sofort mitsingen kann: Bereinigt liest er sich "Bun chaka le", das geht auch noch nach vier Martini auf Eis.

Als Gast in der Prinzenbar präsentieren Ganes die Münchner Sängerin Claudia Koreck. Kenner behaupten, ihr gehöre die schönste Stimme Deutschlands. Tatsächlich fließen und schwingen die in gezähmtem Bayerisch gesungenen Melodien aus ihrem Mund wie Seide. Korecks Debütalbum "Fliagn" (2007) geriet zum Überraschungserfolg, vor dessen turbulenten Folgen die Sängerin aus Traunstein schließlich nach Hawaii floh. Ein melancholisches zweites Album folgte, dann Ehe, Mutterschaft und "menschsein", das angenehm zu hörende neue Soulpop-Album.

Als Kind hat sie ein bisschen Keyboard gespielt. "Ich ärgere mich heute, dass es nicht Klavier war", sagt Claudia Koreck. Mit der Kinderpopband Showkids, man sang Zuckowski-Titel, war sie schon früh gut im Geschäft. Als die Gruppe sich auflöste, schrieb die Zwölfjährige voller Heimweh nach der Bühne ihren ersten eigenen Song: "Hard Living". Sie wusste eben schon früh, wo sie hingehört.

Ganes & Claudia Koreck: Do 19.5. 19.00, Prinzenbar (U St. Pauli) Kastanienallee 20, Tickets zu 18,- (zzgl. Vvk.-Geb.) unter T. 01805-969 00 00