Im ZDF-Film “Papa allein zu Haus“ spielt Götz George einen alten Stinkstiefel, der langsam auftaut. Passt doch!

Berlin. Die letzte Anweisung vor dem Interview sieht so aus: "Bitte keine privaten Fragen zu seiner früheren Frau und keine zu seiner Lebensgefährtin. Und bitte nicht wieder folgende Themen ansprechen: sein Verhältnis zu seinem Vater und sein Auftritt bei 'Wetten dass ..?'. Auch dazu möchte er nichts mehr sagen." Mann, denkt man sich, der Kaiser von China ist Götz George nun auch nicht! Andererseits hatte man gar nicht vorgehabt, ihn mit diesen ollen Kamellen zu nerven. Und packt noch schnell die Sonnenbrille ein. Für den Fall, dass George sich mal wieder hinter dunklen Gläsern verschanzt und man zu Gegenmaßnahmen greifen muss.

Aber dann sitzt er ganz zahm in der Bar vom Kempinski. Um nicht zu sagen: fatalistisch. Denn richtig freiwillig, das weiß man ja, gibt George, 72, schon lange keine Interviews mehr. Dieses Treffen ist seine Konzession ans ZDF, das am Montag Vivian Naefes sehr schönen Film "Papa allein zu Haus" ausstrahlt, in dem George die Hauptrolle spielt. Einen alten Stinkstiefel namens Theo Winter, der erst mal aufgetaut werden muss, bevor man erkennt, dass er überhaupt ein Herz hat. Der nach dem plötzlichen Tod seiner Frau ein Mädchen anfährt und dann dazu verdonnert wird, sich um diese ruppige Johanna (Janina Stopper) zu kümmern. Was ihm schließlich selbst ins Leben zurückverhilft, dem er abhandengekommen war.

Naefe hat das Buch extra für George geschrieben, und der revanchiert sich, indem er diesem eher leichten Stoff eine wunderbar tragikomische Substanz verleiht. George selbst ist mit seiner Leistung auch zufrieden. Komplimente von außen, sagt er, nehme er allerdings gar nicht mehr wahr. Die seien in einer Zeit, in der man mittelmäßigen amerikanischen Schauspielern zu Füßen liege und unverdiente Preise verleihe, Schall und Rauch. "Ich gebe mir meine Noten selber. Und da fahr ich gut damit. Ich sage: 'Diese Arbeit von sechs Wochen hab ich gesehen, das ist 'ne Eins. Oder ist 'ne Zwei minus oder 'ne Drei.'"

Und weil er gerade so schön in Fahrt ist, regt sich George gleich noch ein bisschen über die Quotengläubigkeit bei den Sendern auf. "Es gibt nachweislich wundervolle Filme, die 'ne schlechte Quote hatten, und schlechte Filme, die 'ne Riesenquote hatten." Hat er sich auch schon mal eine Vier gegeben? "Nee. Ich gebe manchen Filmen eine Vier, aber meine Leistung an sich, die ist immer präzise gearbeitet. Es gibt keine schludrige Arbeit bei mir. Aber es gibt mal einen Stoff, bei dem ich das nicht so zeigen kann und wo ich anschließend sage: 'Was du da machst, geht noch gerade so durch, aber das Gesamtwerk ist so beschissen, dass du mit in den Abgrund gezogen wirst!' Das nehm ich mir dann übel."

Zurzeit dreht Götz George in Berlin mit Helmut Dietl. "Zettl", wird in Filmkreisen als Fortsetzung von "Kir Royal" gehandelt, aber nichts Genaues weiß man nicht. Immerhin ist zu erfahren, dass George einen Bundeskanzler spielt. Mehr darf er nicht sagen. "Bei so was muss man ja immer unterschreiben, dass man über die Produktion nichts erzählt. Danach geht's nach Sardinien. Dann ist Feierabend. Dann hab ich erst mal die Schnauze voll!"

Auf Sardinien hat sich George in den Siebzigerjahren ein Haus gebaut. "Was heißt selbst gebaut? Ich hab das alles selbst entworfen. Wichtig ist ja, dass man die Räume entwirft, in denen man leben kann. Auch wenn der Architekt beleidigt ist." So ein Haus, sagt George, müsse Bestand haben. Besonders für einen Schauspieler wie ihn, der zwei Drittel seines Lebens aus dem Koffer lebe. Dann ist ein Haus ein Refugium, ein Schutz vor der Welt. "Es gibt ja viele Leute, die sich große Häuser gebaut haben und gemeint haben, dass sie da große Feste feiern, und auf einmal sind sie alt geworden und fragen sich, was sie in einem hundert Quadratmeter großen Wohnzimmer verloren haben. Nee, man muss das alles 'n bisschen kleiner machen, damit man später gut darin zurechtkommt. Nicht: hier noch ein Treppchen und da noch ein Treppchen. Musste ja immer rauf und runter, wenn du älter bist!"

Apropos aus dem Koffer leben. "Als ich 65 war", sagt George, "hab ich gesagt: 'Jetzt will ich kein Hotel mehr sehen."' Und was ist die Konsequenz? "Na, die Konsequenz ist, dass ich klein beigeben muss! Und dann doch wieder im Hotel sitze!" Da muss er selber lachen. In Berlin bleibt George das Hotelleben allerdings erspart. Da hat er, wie in Hamburg, eine eigene Wohnung.

Aber Georges Lebensmittelpunkt ist und bleibt die karge Mittelmeerinsel. "Wenn ich heute sagen sollte, wo meine glücklichste Zeit war, dann war's Sardinien." Für irgendeine Form von Landwirtschaft reicht die Zeit nicht. "Ich komme ja nur sporadisch hin. Mal vier Wochen, mal drei, mal zwei. Weil ich mehr arbeite, als ich eigentlich will." Schwimmen, Motorrad fahren, lesen, Rasen mähen, Bäume beschneiden - das ist Georges Sardinien. Kochen auch? "Nee. Ich kann gar nicht kochen! Ich kann ja nicht alles machen. Und wenn nicht gekocht wird, kann man ja auch essen gehen."

Im Juli wird Götz George 73. In Naefes Film ist er ein alter Mann, in natura nicht. Da könnte er glatt für sechzig durchgehen. Eitelkeit, meint George, sei für einen Schauspieler tödlich. Aus einem eitlen Schauspieler könne nie ein guter werden. Zum Abschied sagt er noch, dass er findet, dass "Papa allein zu Haus" irgendwie "ein Scheißtitel" ist. In diesem entspannt schnodderigen George-Schimanski-Ton, von dem seine Fans nie genug kriegen können.