Als Gitarristin ist die Amerikanerin virtuos. Nun will sie auch als Sängerin überzeugen - heute Abend spielt sie aus ihrem Album “Junior“ in der Fabrik.

Fabrik. Sie ist fasziniert von der Geschichte des Kalten Krieges. Von den Spionen und Doppelspionen, die versuchten herauszubekommen, was die andere Seite wohl im Schilde führt. Manchmal möchte Kaki King selbst in eine dieser Rollen schlüpfen und andere davon überzeugen, dass sie viele Identitäten hat. Für ihr jüngstes Album "Junior" hat sie einen Song über so ein Leben im Schatten geschrieben: "The Betrayer" eröffnet das Album und ist so etwas wie sein Schlüsselstück. "I've become someone else, someone new", heißt es darin - "ich bin jemand anderes geworden, jemand neues."

Der Song erinnert an britische Gitarrenbands der 90er-Jahre und zeigt eine neue Seite der in Atlanta im Südosten der USA geborenen Gitarristin: Kaki King singt. Und als Sängerin ist sie wirklich jemand anderes, jemand neues. Schließlich wurde sie in der Vergangenheit ausschließlich als fingerfertige Gitarristin wahrgenommen. Denn King beherrscht das Fingerpicking virtuos, sie benutzt den Korpus ihrer Gitarre als Trommel und hat ihr Spiel mit der Zeit um perkussive Elemente erweitert. Diese einzigartige Technik brachte ihr viele Verehrer. Foo-Fighters-Boss Dave Grohl zum Beispiel ist ein Riesenfan der 31-Jährigen und überschüttete sie mit Lob. 2006 wurde Kaki King vom Musikmagazin "Rolling Stone" in den Olymp der Gitarrengötter aufgenommen. Als bisher einzige Frau konnte sie in diese Männerdomäne eindringen.

Doch im Laufe der Zeit langweilte sie die Rolle der Virtuosin. Deshalb hat sie sich vor einem Jahr auf ein neues Feld begeben: Sie hat ihre voll und warm klingende Stimme als neues Instrument entdeckt. Und sie hat begonnen, ihre eigenen Songs zu schreiben. Die behandeln dunkle Themen wie in "My Nerves That Commited Suicide", aber es gibt auch helle Seiten in der Lyrik der jetzt in New York lebenden Rockmusikerin. Der schöne Folksong "Sunnyside", der am Ende ihrer Gesangsplatte "Junior" steht, ist dafür nur ein Beispiel.

Musikalisch ist "Junior" ein höchst abwechslungsreiches Album. Es gibt immer noch die typischen verspielten Gitarrenpassagen wie in "Everything Has An End, Even Sadness" und "Sloan Shore", aber sie packt auch die Rockgitarre aus. "Death Head" ist eine knallharte, an Led Zeppelin erinnernde Nummer; "I've Enjoyed As Much As I Can Stand" und "Falling Day" wiederum sind kantige Rocksongs.

Der Weg von Kaki King zur Profimusikerin war durch die Eltern vorgegeben. Ihr Vater besaß eine Menge Gitarren, auf denen sie bereits als Kind herumklimperte. Mit fünf Jahren erhielt sie Unterricht und verbesserte ihre Technik immer weiter. Nach der High School verließ sie ihre Heimatstadt und ging nach New York, um dort zu studieren. Ihre Gitarre hatte sie natürlich dabei. Sie trat in kleinen Klubs auf, spielte aber genauso oft in U-Bahn-Stationen. Nach dem Terrorangriff auf das World Trade Center und dem anschließendem Schockzustand, in dem sich die Stadt befand, versuchte sie, die Menschen mit ihren spontanen Auftritten aufzuheitern. Immer wieder fragten begeisterte Passanten sie nach Tapes, was dazu führte, dass King endlich anfing, ihre Musik auch aufzunehmen. 2003 erschien dann ihr Debütalbum "Everybody Loves You".

Fünf weitere folgten, vier instrumentale und nun eben "Junior". Immer wieder hat sie in den vergangenen Jahren auch Musik für Filme geschrieben. Unter anderem arbeitete sie für Sean Penns Outsider-Drama "Into The Wild", dessen Musik sogar für einen Golden Globe nominiert war. Kings jüngstes Projekt beschäftigt sich mit Coney Island. Das ist ein inzwischen etwas heruntergekommener Vergnügungspark am Südzipfel von Brooklyn, über den der New Yorker Filmemacher J.L. Aronson die Dokumentation "Last Summer At Coney Island" drehte.

Nachdem Kaki King eigentlich immer mit ihrer Band unterwegs war, kommt sie nun solo - und gesund: Im März musste sie Termine wegen einer Sehnenzerrung im Arm absagen.

Die Verletzung hatte sie sich auf dem Flughafen von Minneapolis zugezogen - nicht als Agentin, sondern als Reisende, deren Gepäck einfach zu schwer war.

Kaki King heute 21.00, Fabrik (Bus 2); Barnerstraße 36, Eintritt 23,-; www.kakiking.com