Gesegnet, wer dabei gewesen: Cecilia Bartoli in der Laeiszhalle

Hamburg. Manchmal stellte sie sich hin wie eine Preisboxerin, schlug sich wiederholt mit der Faust aufs Herz und strahlte mit ihren Juwelen um die Wette in den Saal. Kleine Triumphgesten, die gewiss auch ihrem Körper galten, der die anatomischen Voraussetzungen für Cecilia Bartolis einfach unglaublich schöne, unglaublich klug geführte Stimme schafft. Singen kann sie, als sei sie nicht von dieser Welt.

Das hochgestimmte Publikum am Montag in der nahezu ausverkauften Laeiszhalle hatte ihr einen derart rauschenden Empfang bereitet, dass Frau Bartoli gleich in der Höchstform beginnen konnte, die sie bis zum letzten Ton beibehielt. Von Anfang an gab sie bei ihrem ausnahmslos aus Händel-Arien bestehenden Programm ihr ganzes Herz und den ganzen betörenden Wohllaut ihres Mezzosoprans. Koloraturbravour und innige Süße, Funken sprühender Witz und anrührende Seelentiefe, heiliger Zorn und Entsagung: Die Bartoli hatte für all das den richtigen und stets perfekt getroffenen Ton. Auch in den selten angesteuerten Spitzentönen behielt diese Rose von einer Stimme ihre Farben und ihren Duft.

Und wo manche Kollegin ihren Arienabend durch allerlei Instrumentalnummern mühsam auf zweimal 45 Minuten streckt, hopste die Bartoli nach zweieinviertel Stunden (inklusive Pause) quietschvergnügt von der Bühne, wahrscheinlich nur, weil sie jetzt Hunger hatte. Instrumentalnummern bot das begnadet fein aufspielende Zürcher Alte-Musik-Ensemble La Scintilla auch, aber die waren kurz, nicht von Händel und fast ebenso schön wie die Arien. Auf Traversflöten, Barocktrompete und zwei altertümlichen Oboen solierten die Bläser, die im Stehen agierende Konzertmeisterin führte das kleine Orchester entspannt durch zarteste dynamische Regionen.

Eine gut ausgebildete und sorgsam gepflegte Stimme reift mit den Jahren wie guter Wein. Was sie zu singen hat, gewinnt durch Zeit an Gewicht. Das bewies die Bartoli vielleicht am beeindruckendsten bei der Arie der Alcina "Ah, mio cor" aus "Alcina". Wie sie da den Kummer der betrogenen Zauberin herausweinte, sich für den B-Teil in einen kleinen Furor hineinsang und ihren Gram dann wieder inwendig werden ließ: Das erzählte mehr über die Schatten der Liebe als jeder Roman. Danach wischte sich nicht nur Mama Bartoli in Reihe 8 Tränen vom Gesicht.