Vor allem die Hauptdarstellerinnen (Ludivine Sagnier und Diane Kruger) überraschen in “Barfuß auf Nacktschnecken“.

Der unerwartete Tod ihrer Mutter lässt Lily (Ludivine Sagnier) schutzlos auf dem geräumigen ländlichen Anwesen zurück. Die 20-Jährige ist verhaltensauffällig oder "anders kreativ", wie man einige Pädagogen sagen würden. Konventionen der Dorfgemeinschaft benutzt sie als Sprungbrett für eigene Fantasien. Sie sammelt tote Tiere, stopft maßlos Essen in sich hinein, beleidigt gern andere. Ihre ältere Schwester Clara (Diane Kruger) hingegen ist ein Ausbund an Pflichterfüllung. Die Ehefrau eines Juristen lebt in der Stadt, nur übergangsweise will sie sich zunächst um ihre kleine Schwester kümmern. Aber die fordert nicht nur viel Aufmerksamkeit und Liebe, sondern zieht Clara immer tiefer mit hinein in ihr skurriles Universum.

Nachdem einmal klar ist, wohin Regisseurin Fabienne Berthaud mit ihrer Tragikomödie "Barfuß auf Nacktschnecken" will, verläuft die Handlung recht linear, Überraschungen und große Wendungen bleiben aus. Die Regisseurin verfilmt hier ihren eigenen Roman und propagiert die Freuden des einfachen Lebens, dem sie allenfalls die Unflexibilität einer heterosexuellen Liebesbeziehung als Gegengewicht mit auf den Weg gibt. Die Schauspielerinnen überraschen beide, wenn auch auf ganz unterschiedliche Art. Selten sah man Diane Kruger, die sonst zu oft von Regisseuren auf ihr attraktives Äußeres reduziert wird, einmal mit so vielen Zwischentönen in einer differenzierten Charakterstudie agieren. Das hätte man vorher eher Ludivine Sagnier zugetraut, die beispielsweise in François Ozons "Swimming Pool" gezeigt hat, dass sie so etwas kann. Hier kokettiert sie mit ihrer kindlichen Ungezwungenheit und fällt gegenüber ihrer Mitspielerin deutlich ab.

Bewertung: annehmbar

Barfuß auf Nacktschnecken F 2010, 103 Min., ab 12 J., R: Fabienne Berthaud, D: Diane Kruger, Ludivine Sagnier, Denis Menochet, täglich im Holi, Koralle-Kino; www.barfuss-auf-nacktschnecken.de