Carola Unser und Michael Gmaj erforschen im Theaterstück “Bond Girls“ den Mythos der willigen Agentenbraut.

Lichthof-Theater. Auch wer in seinem Leben noch nie einen James-Bond-Film gesehen hat, weiß, was ein Bond-Girl ist. Eine Lady, die irgendwann dem Geheimagenten Ihrer Majestät vor die Flinte läuft und im Vorbeigehen sexuell erobert wird. Einige Girls wurden berühmt, weil ihnen der Bikini in der Nixen-Szene besonders gut stand, wie Ursula Andress als "Honey Ryder". Andere verschwanden für immer in der Versenkung. Eine wurde später sogar als Transsexuelle enttarnt. Es ranken sich Mythen und Legenden um die Figur des Bond-Girls.

Bond-Fans sind Regisseurin Carola Unser und ihr Koautor und Dramaturg Michael Gmaj nicht. Und doch kam ihnen eines Abends in der Kneipe die Idee, dass die Bond-Girls sich wunderbar eignen, um in einem theatralen Boulevardabend den Menschen in Zeiten des Kapitalismus zu verhandeln. Heute nun feiern die "Bond Girls" Uraufführung im Lichthof-Theater in Bahrenfeld.

"Das sind ideale Projektionsflächen und Träger für Produkte", sagt Carola Unser. Die Film gewordenen Männerfantasien wechseln mühelos zwischen multiplen Identitäten als Karrieristin, Mutter oder Partyhäschen. Mit ihrer Anpassungsbegabung scheinen Bond-Girls wie geschaffen, in angespannten wirtschaftlichen Zeiten zu überleben.

So wie Bond sich über lange Serienjahre vom Macker zur ernsthaften Figur gewandelt hat, erhielten auch die Frauenfiguren mehrere psychologische Ebenen, die sie oft eher schwach aussehen ließen. Am Ende müssen sie immer noch von Bond aus größter Not gerettet werden. "Anhand der Bond-Girls lässt sich der Verlauf der Emanzipation und auch das Nichtgelingen in den 60er- bis 80er-Jahren verfolgen", so Michael Gmaj. "Aber je weniger karikiert sie sind, je emotionaler sie spielen, desto uninteressanter finde ich sie."

"Bond Girls" ist angesiedelt in einer Ausbildungsstätte für junge Spioninnen. Die Institutsleiterin war selbst mal ein Bond-Girl, eine junge Anwärterin will die Welt retten, eine andere, im Hauptberuf Schauspielerin, sucht vor allem das große Publikum. "Man kann sich aber nie sicher sein, wer oder was sie gerade sind", sagt Carola Unser. Die Auszubildenden lernen einen Helikopter zu steuern, aber auch wie man im Bikini lasziv dem Meer entsteigt und ein Liedchen in eine Muschel singt oder unverdächtig im feindlichen Territorium Hortensien gießt.

Es ist bereits die dritte gemeinsame Produktion des Teams um Unser und Gmaj. Unser hat den Studiengang Schauspielregie an der Hamburger Theaterakademie absolviert, leitet "Die Bühne" der TU Dresden und inszeniert frei. Gmaj hat als Dramaturg mit Christoph Schlingensief unter anderem "Eine Kirche der Angst vor dem Fremden in mir" und "Mea Culpa" erarbeitet, die für Furore sorgten. Auch "Bond Girls" ist performativ angelegt und spielt mit Elementen des Absurden und des Trashs. Fiktion und Realität verschwimmen, wenn mit Christine Granville auch eine echte Spionin Erwähnung findet, die im Zweiten Weltkrieg für die Briten gegen die Nazis arbeitete. Bond-Autor Ian Fleming war ihr verfallen. Sie wurde nicht gerettet, sondern starb, gemeuchelt von einem Ex-Geliebten in einem Hotelzimmer.

"Bond Girls" Uraufführung heute, 20.15, Lichthof-Theater (S Bahrenfeld), Mendelssohnstraße 15, Karten 12,- bis 15,-/erm. 7,50 bis 10,- unter T. 85 50 08 40; www.lichthof-theater.de