Sade Adu beweist beim Auftritt in Hamburg, dass sie immer noch eine Magierin des Souls ist

Hamburg. Nur drei Takte und gleich ist er wieder da, der Kloß im Hals, den man mit 14 Jahren schon verspürte. Damals, als Sade Adu anmutig von einem Poster im Kinderzimmer lächelte, eine Lichtgestalt des Stils und des Souls in den 80er-Jahren, in denen Mode und Musik verzweifeln ließen. Sind es diese Melodien voll seufzender Sehnsucht, ist es diese Stimme, so rauchzart, oder sind doch die Basslinien schuld?

18 Jahre nach ihrem letzten Auftritt in Deutschland steht die nigerianisch-britische Sängerin, die sich mit Band schlicht Sade nennt, auf der Bühne in der O2 World und gibt die Soldatin der Liebe. "Soldier Of Love", Titelsong ihres sechsten Albums, ist ein Lied mit wummernden Bässen und Marching-Band-Rhythmen. Das fetzt so unverhofft von der Bühne, dass der Mund offen bleibt. Adu legt choreografisch eine Waffe an, schwenkt ihre Riesen-Kreolen und gibt streng bezopft im schwarzen Einteiler auch mit 52 Jahren eine eindrucksvolle Erscheinung ab.

Die Samtstimme, sie ist voll da. Die Band, wackere Begleiter der ersten Stunde mit Gitarrist und Saxofonist Stuart Matthewman, Keyboarder Andrew Hale und Bassist Paul Denman, spielt, ergänzt um drei Gastmusiker und zwei Backgroundsänger, aufs Glänzendste auf. Pure, auf die Spitze getriebene R'n'B-Eleganz, tipptopp arrangiert. Durchgestylt, aber alles andere als seelenlos. Den Überhit der ersten Stunde, "Smooth Operator", haucht Sade Adu im hispanisch anmutenden Hosenoutfit vor einem projizierten Großstadtpanorama. Spätestens jetzt reißt es die 6500 Besucher von den Sitzen.

Ein Gaze-Vorhang über der Bühne wird zur Filmleinwand für eine tanzende Sade Adu. Blumenwiesen, Wintertraurigkeit. Samtvorhänge fallen zu einem ihrer schönsten Songs, "Is It A Crime", von der Decke, und die Band verwandelt sich in eine Gangsterhorde im Chicago der 30er-Jahre mit Sade Adu als Oberbraut.

Selbst wenn sie bei "The Sweetest Taboo" mit dem rutschenden Träger ihrer Goldrobe ringt, würde sie niemals frivol wirken. Bei der einzigen Zugabe lässt sich Sade Adu zu den Pop-Gitarren von "Cherish The Day" auf einem simulierten Wolkenkratzer in die Höhe hieven. Und da ist er gleich wieder, der Kloß im Hals. Warmherziger hat selten jemand seine Bandfamilie präsentiert. Sie ist keine Virtuosin, aber eine Magierin ist sie unbedingt.