Beim European Newspaper Award gewann das Abendblatt zwölf Auszeichnungen

Wien. Das Hamburger Abendblatt hat gestern beim European Newspaper Award in Wien insgesamt zwölf Awards of Excellence entgegengenommen - unter anderem für die Gestaltung der Titelseite, des Wochenend-Magazins, die Thema-Seite und die Auftaktseite des Kulturteils. Mehr Auszeichnungen erhielt sonst nur die deutsche Wochenzeitung "Die Zeit". Der European Newspaper Award gilt als "Oscar" der Zeitungsbranche: Insgesamt 219 Zeitungen aus 27 Ländern nahmen an dem Wettbewerb teil.

Der European Newspaper Award wurde 1999 von dem deutschen Zeitungsdesigner Norbert Küpper ins Leben gerufen und gemeinsam mit den Fachmagazinen "Medium Magazin", "Österreichischer Journalist" und "Schweizer Journalist" vergeben. Ausgezeichnet werden exzellentes Design und Konzeption in der Zeitungsbranche. Das Abendblatt ist bereits Stammgast auf dem Siegerpodest: Mehrfach wurde Norddeutschlands größte Regionalzeitung für Visualisierung der Themen auf der Wissen-Seite ausgezeichnet. Doch so viele Preise wie 2010 gab es für die Abendblatt-Redaktion noch nie.

Norbert Küpper hob in seinem Vortrag über die Zeitungstrends insbesondere die starke Bildsprache der Titelseite des Hamburger Abendblatts hervor. "Die konzentrierten Fotoschnitte machen das Abendblatt sehr modern." Die überwältigende Zahl der Awards für das Abendblatt sei der ganzen Jury aufgefallen. "Auch wenn es diesmal nicht zum Hauptpreis, der Auszeichnung 'Beste Zeitung Europas', gereicht hat - es ist nur eine Frage der Zeit, wann das Abendblatt den Hauptpreis bekommt", ist sich Zeitungsdesigner Küpper sicher. "Durch die Neugestaltung im vergangenen April hat das Hamburger Abendblatt sehr gewonnen", so Küpper. Die Zeitung sei "klarer, übersichtlicher und vielfach auch mutiger". Die Preise dieses Jahres erhielt das Hamburger Abendblatt in den Kategorien Titelseite, Sektions-Titelseite, Lokalseiten, Visualisierung, Illustration, Beilagen und Typografie. Allein an die Wochenendbeilage "magazin" gingen vier Auszeichnungen.

Mit der Auszeichnung "Beste Zeitung Europas" wurden im Festsaal des Wiener Rathauses dieses Jahr die portugiesische "Diário de Notícias da Madeira" (Lokalzeitung), die norwegische "Bergens Tidende" (Regionalzeitung), die dänische "Politiken" (national) und die schottische Wochenzeitung "Sunday Herald" aus Glasgow geehrt. Ein Sonderpreis ging an die erst im vergangenen Jahr gegründete "Gaelscéal" aus dem irischen Galway.

Die mehr als 500 Chefredakteure und Art-Direktoren trafen sich aber nicht nur zur Preisvergabe in Wien: Beim European Newspaper Congress wurden die interessantesten Trends der Zeitungsbranche vorgestellt und aktuelle Entwicklungen diskutiert. Nach wie vor hält in Europa der Trend zum kleineren Tabloid-Format an. In diesem Format erscheinen etwa die Abendblatt-Beilage "Hamburg LIVE" oder auch die Zeitung "Bild am Sonntag". In vielen Fällen verändern sich die Zeitungen dabei auch inhaltlich und werden magazinartiger. "Es klingt kurios, aber neben dem Trend zum kleinen Format beobachten wir auch einen Trend hin zu längeren Texten", sagte Küpper.

Auch der Umgang mit den modernen Tablet-Computern wie dem iPad ist ein großes Thema unter den Chefredakteuren. "Das iPad hat beste Chance, die Zeitung neu einzuführen", sagte Carlo Campos von der Media Consulting Group in London. Wichtig dafür sei, auch ein neuer Journalismus: "Das iPad braucht Nachrichten für die Augen und die Finger", so der Medienforscher. Und Rouven Schellenberger, Chefredakteur der "Frankfurter Rundschau": "Die Themen müssen im iPad nicht nur gut lesbar, sondern auch erlebbar sein." Die "Rundschau" erhielt für ihre iPad-App einen Sonderpreis, weil sie "die heutigen Erwartungen an dieses neue Medium perfekt erfüllt". Die "Rundschau" verfolgt in ihrer App die gleiche Philosophie wie das Abendblatt: Im iPad wird die Zeitung zum täglichen Magazin.

Völlig neue Wege geht die schwedische Tageszeitung "Svenska Dagbladet" in ihrer Redaktionsorganisation: Der Newsroom ist in zwei unterschiedliche Teile organisiert - "fast and slow", erläuterte Anci Holm, Leiterin der Abteilung Infografik. Der "schnelle" Teil der Redaktion sei für die puren Nachrichten und Online zuständig. Der "langsame" Teil hingegen für die eigenen, aufwendig recherchierten Geschichten zuständig. Von dieser Aufteilung erhofft sich die Zeitung eine stärkere eigene Agendasetzung. Die sechs Infografiker bei "Svenska Dagbladet" heißen visuelle Journalisten und gehen für ihre Grafiken sogar auf Recherchereisen.