Hamburg. Seine beiden größten Hits gleich zu Beginn zu spielen ist schon sehr gewagt. Diese Lieder dann aber auch noch komplett neu zu arrangieren, das kann nach der reinen Konzertlehre an sich gar nicht funktionieren. Vielleicht muss man so viele Jahre wie Michy Reincke im Geschäft sein, um dermaßen ins Risiko zu gehen. "Was soll jetzt noch kommen", feixte der Hamburger Liedermacher nach seinen Gassenhauern "Valerie, Valerie" und "Taxi nach Paris". Reincke wagte - und gewann sein Heimspiel gestern in den ausverkauften Fliegenden Bauten ganz souverän.

Womöglich ist ein Stilbruch nach drei Jahrzehnten musikalischen Schaffens auch mal sinnvoll. Wo seine treuen Fans sonst nach ein paar Takten schon in den Mitklatschmodus schalteten, war diesmal zunächst Zuhören angesagt. Denn in seinen musikalischen Wechseljahren hat Reincke seine Hits für die CD "Palais Salam" neu vertont, in eine Lounge-Mischung aus Pop, Folk und Jazz. "Zeitlupen-Metal" nennt er das. Schließlich möchte er jetzt Musik machen, die er "auch als alter Mann noch spielen kann" - eine etwas überraschende Aussage für einen gerade mal 52 Jahre alten Künstler.

Aber natürlich weiß Reincke, was sich gehört und dass bei allzu ruhiger Musik der "gefährliche Sekundenschlaf" im Publikum droht. Und so klatschte spätestens bei "Für immer blond" im alten Party-Tempo sogar der Barkeeper mit.