Hamburg. Gemeinsame Proben waren fast unmöglich. Acht Jahre lang hatten Kervin Barreto, 28 Jahre alter Trompeter aus Kuba, und sein Freund, der Bassist Reinier Elizarde, sich nicht gesehen. 2003 war Barreto nach Kanada geflohen, Elizarde 2007 nach Spanien. In Hamburg haben sie sich nun wiedergetroffen. Dank der Hilfe von Birdland-Besitzer Dieter Reichert konnten die über die Erdteile versprengten Freunde in dem Eimsbütteler Klub wenigstens einmal zusammen für zwei Stunden proben und das Programm für die Tournee mit Auftritten in Frankfurt, Madrid und Oviedo besprechen.

Beim Auftritt des Kervin Barreto Quintetts abends im Stellwerk ist von diesen ungewöhnlichen Umständen nichts zu spüren. Die fünf Musiker legen zwei furiose Sets hin, nichts deutet darauf hin, dass sie zum Teil seit Ewigkeiten nicht mehr miteinander musiziert haben. Neben dem Bandleader und dem schlanken Bassisten, El Negron genannt, gehören die beiden kubanischen Virtuosen Luis Guerra (Klavier) und Maikel Vistel (Saxofon) und der spanische Schlagzeuger Iago Fernandez zu Barretos Band. Die vier Kubaner, 1983 und 1984 geboren und allesamt Flüchtlinge, haben in Havanna klassische Musik studiert und dort den Jazz für sich entdeckt. Jeden Abend schlugen sie sich die Nächte um die Ohren, um den amerikanischen Idolen nachzueifern.

Das ganze Stellwerk wird Zeuge, wie sie diese Musik verinnerlicht haben. Selten bekommt man Bands zu sehen, die so großen Spaß daran haben, gemeinsam zu spielen. Sie feuern sich gegenseitig an, sie genießen es, die Soli der anderen zu beobachten und mittendrin in diesem Energiekreis zu stehen. Das Publikum ist angesichts dieser Hingabe aus dem Häuschen. Die Musiker liegen sich am Ende in den Armen. Aus Freude über ihr Wiedersehen und den Beifall gleichermaßen.