Mit dem Film “Easy Rider“ gab er einer Generation das Versprechen von Glück und Freiheit. Am Wochenende starb Dennis Hopper an Krebs.

Mit 13 Jahren kam er aus dem hinterwäldlerischen Kansas nach Kalifornien. Ein Westküsten-Typ sollte er immer bleiben, einer, der wild ist, verrückt, sich nicht anpasst.

In Hollywood überlebt man, indem man entweder ein Gesundheitsapostel oder drogensüchtig wird. Dennis Hopper , der 50 Jahre mal mehr, mal weniger zum "New Hollywood" gehörte, jenem Kreis der Regiewunderkinder, die Lucas, Spielberg, Scorsese oder Coppola hießen, zählte zu den Süchtigen. Die Karriere des bösen Buben, des Besessenen, der in mehr als 120 Filmen mitwirkte, glich einer Höllenfahrt. Jahrelang lebte er im Drogen- und Alkoholdelirium. Doch da hatte er sein Meisterstück bereits abgeliefert: "Easy Rider". Ein Film über kiffende Hippies, die zum Song "Born To Be Wild" mit ihren Motorrädern durchs Land knattern und die Freiheit suchen. Die Harley Davidson mit dem Stars-and-Stripes-Tank wurde zum Symbol einer ganzen Generation.

Wer heute, vielleicht schon grauhaarig, mit Sonnenbrille, Lederjacke und Motorrad herumfährt, der ist infiziert von der Coolness, dem maßlosen Versprechen von Glück und Freiheit, für die "Easy Rider" steht. Jenseits der Popmusik gab es keinen Künstler, der dieses Bild von Rebellion und Rausch so sehr verkörpert hat wie Dennis Hopper. Nicht nur als Schauspieler und Regisseur, auch als Fotograf und Kunstsammler (er kaufte Warhols erste Suppendose für 75 Dollar) zählte er zu den Großen. Und mit "Easy Rider" hat er ein außergewöhnliches Jahrzehnt in der Filmgeschichte eröffnet. Die Studios setzten plötzlich auf kleine, anspruchsvolle Filme unbekannter Regisseure. Der größte Talentpool aller Zeiten brach sich Bahn. Und das Publikum nahm Filme plötzlich als Kunst wahr.

Dennis Hopper begann als 13-Jähriger als Statist am La Jolla Playhouse, spielte am liebsten Shakespeare und debütierte als 18-Jähriger in kleinen TV-Rollen. Prompt fiel er auf und bekam einen Siebenjahresvertrag in Hollywood, bei Warner Brothers. Nur ein Jahr später stand er neben James Dean in "Denn sie wissen nicht, was sie tun" und "Giganten" und hielt sich für den Größten. Ein Veteran wie Western-Regisseur Henry Hathaway konnte mit solchen Starallüren gar nichts anfangen. Er hatte genaue Vorstellungen davon, wie er eine Szene gespielt haben wollte. Doch Hopper improvisierte. Immer wieder neu. 15 Stunden lang, vor laufender Kamera. Am Ende war er fertig, machte das, was der Regisseur wollte. Und Hathaway sorgte dafür, dass Hopper auf eine schwarze Liste kam und acht Jahre lang in Hollywood nicht mehr beschäftigt wurde.

Es war der Moment, in dem Dennis Hoppers Karriere als Fotograf begann. Als Dichter, Maler und Bildhauer. Dieses Frühwerk - 15 000 Gedichte, ein paar Hundert Gemälde und einige Skulpturen - hat in den 60er-Jahren ein Wohnungsbrand in Los Angeles vernichtet. Seine Fotos sind geblieben. Er stellte sie später in den großen Museen und Galerien in Deutschland, Frankreich, Russland und anderswo auf der Welt aus. Der langjährige Chef der Guggenheim-Stiftung, Thomas Krens, war einer seiner besten Freunde. Mit ihm fuhr er auf Motorrad-Tour von München nach Mailand, seine Maschine hatte ein deutsches Motorenwerk gestiftet.

Hopper machte - anders als die meisten seiner Kollegen - Werbung oder übernahm Rollen in schäbigen Trash-Filmen. In seiner Filmografie steht neben Francis Ford Coppolas "Apocalypse Now" - bei dem der Drogensüchtige sich keinen Dialog merken konnte, weil er 30 Bier am Tag trank sowie eine halbe Flasche Rum und die Betäubung mit drei Gramm Kokain bekämpfte - und David Lynchs "Blue Velvet", in dem er als schnaufender Sadist auftritt, auch so etwas wie "Space Truckers", ein Roadmovie aus dem Kosmos, oder der Zombiefilm "Land of the Dead". Hopper spielte alles, vorzugsweise Psychopathen, Rasende, Monster, Neurotiker, Perverse. Auch privat gab er gern den Wilden. Fünfmal war er verheiratet - mit seiner zweiten Ehefrau, Michelle Phillips, nur eine Woche. Sie rannte weg und rief durchs Telefon: "Hast du schon mal an Selbstmord gedacht?" Oft lieferte er sich Rosenkriege. "Ich kann immer noch der jähzornigste Mensch sein, den ich kenne", hat Hopper vor ein paar Jahren mal gesagt. Da war er schon trocken und clean und lief gern im Nadelstreifenanzug herum.

1965 wurde er von Hollywood begnadigt. Mit "Easy Rider", der 1969 herauskam und den Zeitgeist mit Wucht traf, feierte er ein triumphales Comeback als Regisseur. Was der Film auch zeigt, die Selbstzerstörung einer Generation, praktizierte Hopper wieder selbst. Mit einer Crew zog er sich nach Cusco in Peru zurück, um sein Traumprojekt "The Last Movie" zu realisieren, und scheiterte kläglich. Wie es dort zuging, konnte man in einer Reportage der Illustrierten "Life" nachlesen, in der es hieß: "Peru hat schmerzvoll gelernt, mit Erdbeben, Lawinen, Sturmfluten, Jaguaren und giftigen Schlangen zu leben. Doch Dennis Hopper war was anderes."

Rund 15 Jahre verbringt Hopper dann im Delirium, legt sich ein Waffenarsenal an, führt sich als grimmiger Störenfried, genialisches Enfant terrible auf, geht mit einem Messer auf einen Mafia-Boss los, rennt nackt aus einem Hotel in Mexiko, dreht währenddessen in Hamburg mit Wim Wenders aber auch "Der amerikanische Freund".

Mitte der 80er-Jahre retten ihn eine Therapie - später trinkt er bei Interviews Milch - und viel Arbeit. 1986 kommen fünf Filme mit ihm heraus und er erhält eine Oscar-Nominierung als "Bester Nebendarsteller" in "Freiwurf".

Im Alter hat der ewige Rebell, der in einem von Frank Gehry entworfenen Haus in Venice Beach inmitten einer großen Kunstsammlung lebte, mit sich seinen Frieden gemacht. Er staunte darüber, wie oft er sich selbst überlebt hatte. Am Sonnabend ist er 74-jährig an Prostatakrebs gestorben.