Ein Doku-Drama über Friedrich Flick zeichnet das Leben und den Aufstieg des mächtigsten deutschen Industriellen nach.

Nichts und niemand konnte ihm und seinem Imperium etwas anhaben, scheint es. Nicht die beiden Weltkriege, nicht die Weltwirtschaftskrise von 1929 und auch nicht seine Verurteilung als Kriegsverbrecher bei den Nürnberger Prozessen. Im Gegenteil. Friedrich Flick gelang es selbst dort, wo andere längst kapituliert hätten, aus den jeweiligen Umständen Kapital zu schlagen. Um wieder einen Schritt höher zu klettern auf der Leiter zum mächtigsten deutschen Industriellen.

Der Name Flick löst zwiespältige Assoziationen aus. An Familienunternehmertum und wirtschaftlichen Wiederaufstieg nach dem Krieg denken die einen, für die anderen ist Flick untrennbar verbunden mit Schmiergeldzahlungen, Parteispendenskandalen und NS-Verbrechen. Das zweiteilige Dokudrama von Thomas Fischer, das Cinecentrum für den Südwestrundfunk und Arte produziert hat, konzentriert sich eher auf letztere Haltung - wobei Flicks Machtstellung natürlich erst die Voraussetzung für all dies war. Der Film zeigt ihn als großen Manipulator, der es versteht, die richtigen Männer für sich einzuspannen. Für den Skrupel stets ein Fremdwort war, und Macht und Erfolg die höchsten Güter auf Erden darstellten. Seinen Reichtum zu mehren, das hatte Flick schon früh zu seinem Lebensziel erkoren. Koste es, was es wolle.

1883 als Bauernsohn in Kreuztal bei Siegen geboren, arbeitete er sich aus ärmlichen Verhältnissen hoch, ein paar Jahrzehnte später gehörte er zu Hitlers Eliten. Er war im Freundeskreis des Reichsführers SS, Heinrich Himmler, und ging mit Hermann Göring auf Treibjagd.

Detailliert zeichnet Autor und Regisseur Fischer den Werdegang des Konzernchefs nach. Er kombiniert dokumentarisches Film- und Fotomaterial mit szenischen Rekonstruktionen. Die erzählerische Klammer des ersten Teils ("Der Aufstieg") bildet das Verhör Friedrich Flicks durch den deutschstämmigen US-Ermittler Eric Kaufman (gespielt von Peter Jordan) als Vorbereitung auf den Nürnberger Kriegsverbrecherprozess. Unschuldig sei er, beteuert der Verhörte in einem fort. Spricht von "Fremdarbeitern", nie von Zwangsarbeitern, von denen er Zehntausende in seinen Werken während des Krieges beschäftigt hat. Moralische Reflexion, Schuldgefühle? Nicht Flick.

Als er 1950 das Gefängnis verließ, vier Jahre vor Ablauf der verhängten siebenjährigen Haftstrafe, schien er an einem Tiefpunkt angekommen, was öffentliches Ansehen und Auftragslage angehen. Doch keine zehn Jahre später zählte er bereits wieder zu den reichsten und mächtigsten Industriellen der Bundesrepublik. "Wiederbewaffnung wird ohne Flick nicht zu machen sein", notierte damals ein enger Mitarbeiter Konrad Adenauers. Flick war also zurück im Spiel. Und machte dort weiter, wo er aufgehört hatte.

Neben den historischen Zusammenhängen beleuchten die Filmemacher auch die persönlichen und familiären Verhältnisse im Hause Flick. Im Mittelpunkt steht dabei die Nachfolgeregelung, die im zweiten Teil ("Das Erbe") ein Familiendrama nachzeichnet, dem es an Tragödienpotenzial nicht mangelt. Nachdem der mittlere Sohn, Rudolf, im Zweiten Weltkrieg gefallen ist, ringen nun die Söhne Otto-Ernst und Friedrich Karl um die Anerkennung des Vaters im Unternehmen.

Doch Flick ist nicht der Mann, der die Strippen der Macht so einfach aus der Hand gibt. Er ist weiterhin derjenige, der mit den Entscheidern am Tisch sitzt, während seine Söhne auch mit Anfang 40 am Katzentisch Platz nehmen müssen. Er lässt sich selbst im Alter von 90 Jahren noch jedes wichtige Dokument vorlegen. Ohne ihn geht es nicht - eine Haltung, die er nicht müde wird, seinen Söhnen ständig unter die Nase zu reiben. Mit Otto-Ernst, dem ältesten Sohn, kommt es irgendwann zum endgültigen Zerwürfnis. Nicht mal zur Beerdigung des Vaters im Jahr 1972 lässt sich der Sohn blicken.

"Flick" steht in der Tradition so herausragender zeitgeschichtlicher Fernsehstoffe, wie sie zuletzt der NDR mit "Das Schweigen der Quandts" vorlegte. Auch der Film von Thomas Fischer ist nicht nur aufgrund der historischen Bedeutung - eines der wichtigsten Kapitel deutscher Wirtschaftsgeschichte - sehenswert, sondern auch wegen seiner Vielschichtigkeit und Detailgenauigkeit. Zeitzeugen wie der Flick-Generalbevollmächtigte Eberhard von Brauchitsch, der ehemalige Daimler-Chef Edzard Reuter oder Flicks Patensohn Otto Kaletsch äußern sich ausführlich vor der Kamera. So wird nach und nach auch der Mensch hinter dem Großindustriellen sichtbar. Ein Ehrgeizling, der es verstand, andere für seine finanziellen Interessen einzuspannen. Ein Geldbesessener, der sich immer nur die stinkenden 30-Pfennig-Zigarren gönnte. Ein Patriarch, der niemanden neben sich in der ersten Reihe duldete.

Nach seinem Tod übernimmt Friedrich Karl Flick die Konzernführung, der vor allem durch die Parteispendenaffäre von sich reden machte. 1983 beteuert er im parlamentarischen Untersuchungsausschuss, von illegalen Spenden an Politiker und offenkundigen Bestechungszahlungen nichts gewusst zu haben. So hatte es sein Vater schließlich auch immer gemacht.

"Flick - Der Aufstieg", Montag, 31.5. um 21.00 Uhr, ARD, Teil 2 ("Das Erbe") am Montag, 7. Juni