Die Geheimagentur präsentiert auf Kampnagel chinesische Gemälde-Kopisten. Ein Aktionsprojekt rund um das heiße Thema “Kopie und Orginal“.

Hamburg. Da steht doch der in Paris gerade gestohlene Picasso! Irrtum. Zur Eröffnung der Ausstellung "The Most Wanted Works Of Art" im temporären Atelier auf Kampnagel malt Huang Haifan an einer Fälschung des vermissten Ölbilds "Taube mit grünen Erbsen" von 1912. Heute Abend startet das Hamburger Künstler-Kollektiv Geheimagentur sein Aktionsprojekt, um kritisch das heiße Thema "Kopie und Original" zu debattieren. Besucher sind aufgefordert ihre Lieblingsbilder auf der Website anzugeben, können sie aber auch in Auftrag geben.

Ganz ehrlich: Die wenigsten Menschen haben die Originale berühmter Künstler gesehen. Wir kennen sie häufig durch Abbildungen in Bildbänden oder Katalogen. Sie bringen uns eigentlich der Kunst näher, während das Original uns eher von ihr trennt. Denn nur ein exklusiver Kreis hat den Zugang.

Die chinesischen Malkünstler Lu Hui und Huang Haifan bringen dagegen "ihre Kunst" massenweise unter die Leute. Sie kommen aus dem Kopisten-Dorf Dafem. Es liegt inmitten von Hochhäusern, im rasant wachsenden südchinesischen Wirtschaftsdistrikt Shenzhen, nur durch den Fluss getrennt von Hongkong.

Dafems arbeitsteilig funktionierende Kunstindustrie erfreut sich weltweiter Nachfrage. Etwa 10 000 Menschen fertigen 60 Prozent aller Ölgemälde in Hotels, Einrichtungshäusern, Restaurants oder auf Kreuzfahrtschiffen. Deren Qualität und Preisklasse hängt von Malerbegabung, Material und Arbeitsaufwand ab. Die Skala reicht von "normal", also auf den ersten Blick als Fälschung erkennbar, über "besonders gut" bis zu "museumsreif".

"Abstrakte Bilder wie der kubistische Picasso sind leicht zu kopieren", sagt der 36-jährige Kunstmaler Huang Haifan. "Alte Meister dagegen benötigen einige Wochen." Etwa der in der Probebühne 6c aufgestellte Caravaggio "Die Gefangennahme Christi". Dieses Werk erwarb in der unendlichen Streitgeschichte über Fälschung und Original Skandalruf. Das Museum in Odessa wähnte sich im Besitz des echten Bilds, das aber in Dublin hängt. Eben wurde eine vermutlich "falsche Frieda" aus der Berliner Kahlo-Retrospektive im Martin-Gropius-Bau entfernt.

Kollege Lu Hui hat in der Hamburger Kunsthalle Claude Monets "Waterloo Bridge" von 1902 besucht. Nun legt der Impressionisten-Fan mit eleganten Gesten die Wellenlinien der Themse auf die Leinwand. Seit zehn Jahren ist der 24-Jährige mit der lustigen Igel-Frisur im Geschäft, kaufte bereits ein Haus und träumt von der eigenen Galerie: "Die eine Seite für Kopien, die andere für zeitgenössische chinesische Kunst." Denn die beiden schnellen Malkünstler finden über das Kopieren der großen Meister auf den Weg zur eigenen Kunst.

The Most Wanted Works Of Art Kampnagel, Probebühne 6c, Eröffnung 27.5., 21 Uhr, Karten unter T. 27 09 49 49; Finissage 2.6., 20 Uhr; Open Space mit Ausstellung: 28.-30.5., 18-24 Uhr, Eintritt frei, www.the-most-wanted-works-of-art.com