Daniyal Mueenuddin erzählt von Macht und Liebe in Pakistan

So kann wohl nur einer über das Land seiner Väter schreiben, der lang genug weit weg war, um trotz genauer Kenntnis der Verhältnisse inneren Abstand zu wahren. Daniyal Mueenuddin, Sohn eines hochgestellten pakistanischen Beamten und einer amerikanischen Journalistin und Autorin, legt in seinem literarischen Debüt "Andere Räume, andere Träume" ein Mosaik aus acht Kurzgeschichten aus, in denen erst wenige Jahrzehnte zurückliegende fiktionale Ereignisse sich lesen wie bittere Märchen aus Tausendundeiner Nacht.

Mueenuddin zeigt Pakistan als einen Hort der Korruption und denkbar krasser Klassenunterschiede. Bedienstete werden wie Leibeigene gehalten, wenige alteingesessene Familien verfügen über riesige Ländereien und Industrie, nebenbei betreiben sie Politik.

Einer ist mit der Müdigkeit der Mächtigen geschlagen: K. K. Harouni aus Lahore - er bildet in diesem feinen Netz voneinander unabhängiger Geschichten den gedachten Mittelpunkt. Gewohnt, als Feudalherr aufzutreten, sieht Harouni so langsam seine Kräfte schwinden und nimmt sich auf seine alten, einsamen Tage eine gänzlich unstandesgemäße Gespielin - Husna, die Dienerin seiner von ihm getrennt lebenden Gattin. Nach seinem Tod wird Husna, die berechnend war und doch sehr lieb, von den drei indignierten Töchtern kaltherzigst in den Staub zurückgezwungen, aus dem sie der Vater einst auflas.

In der Geschichte "Von einem brennenden Mädchen" sorgt ein Bezirksrichter für die Einstellung der Ermittlungen gegen zwei Brüder, die aus Habgier und Tölpelhaftigkeit zu Mördern an der Ehefrau eines der beiden werden. Das Leben einer Frau zählt nicht allzu viel, und das Recht erweist sich als biegsam. "In Pakistan kann man alles arrangieren", sagt der Sekretär des Richters.

Szenen und Figuren aus diesem Land, das seine gesellschaftliche Rohheit durch Etikette kaschiert, beschreibt Mueenuddin so lakonisch, so präzis, dass einem beim Lesen der von Jasminduft und Armut durchtränkten Geschichten über Liebe, die unter solchem Machtgefälle nicht gedeihen kann, manchmal ganz schlecht wird vor Wut und vor Mitgefühl.

Daniyal Mueenuddin : Andere Räume, andere Träume. Deutsch v. Brigitte Heinrich, Suhrkamp Verlag, 291 S., 19,90 Euro