LCD Soundsystem und Caribou sind die angesagtesten Tanzmusik-Projekte der Saison

Hamburg. Schon dieses Wochenende ist das Wetter endlich schön. Zeit, den Lautstärkeregler nach oben zu drehen und die Balkontür aufzureißen, mit dem Gettoblaster an die Elbe zu juckeln, oder mit dem Cabrio um die Alster zu cruisen. Es gibt einen Sound, der gut zu den sich einstellenden Sommergefühlen passt: der des luftigen und abkühlenden, des treibenden und pulsierenden Elektropops. Der Beat macht's.

Zuletzt sind zwei außergewöhnlich gute und eingängige Alben erschienen, die auch unter der Überschrift "Hipster"-Musik laufen könnten, also von den aufmerksamen Figuren der Subkultur geschätzt werden. Es sind dies das dritte Werk des New Yorker Musikers und Produzenten James Murphy, der seit 2005 als LCD Soundsystem von Kritikern und Klubgängern gleichermaßen gefeierte Tanzmusik macht. Und das vierte Album des Kanadiers Daniel Victor Snaith. Der nennt sein Ein-Mann-Projekt Caribou und hat bereits einen Namenswechsel hinter sich. Früher hieß er Manitoba, geändert hat sich nichts an seinem Stil: elektronische Musik, exakt und auf den Punkt. Snaith entstammt einer Mathematiker-Familie und hat selbst ein Diplom in dieser anspruchsvollsten aller Wissenschaften, der Mann ist schlau.

So schlau, dass sein neues Album "Swim" ein verführerisch glatt poliertes Sounddesign hat, dem man die Formelhaftigkeit nicht anmerkt. Die Songs Caribous klingen ekstatisch und sind nie sparsam instrumentiert: Neben dem schuftenden Computer kommen Flöte (auf dem schlicht sensationellen Hit "Odessa") und Gitarre zum Einsatz. Snaiths Stimme ist eher weich, das gilt auch für den Sound, der sich bei Minimal Techno, House und Disco bedient. "Leave House" ist das Stück, das in seiner Dancerock-Informiertheit an LCD Soundsystem erinnert.

Dessen Hirn James Murphy hat auf seinen Alben die Verquickung von Rock und Elektro perfektioniert, indem er mehr auf den Beat als auf die Gitarre setzte. Murphy, der New Yorker Labelchef und Postpunk-Experte, ist ein Pionier der Szene und allseits beliebt. Das gelingt, möchte man meinen, nur denen, die ein Genre wirklich weiterbringen. Das hat Murphy, der dicklich wirkende Mann mit dem Allerweltsgesicht, der kürzlich in einem "Guardian"-Interview gestand, sein ganzes Leben versucht zu haben, "cool zu sein", geschafft: Der hypnotische Anziehungskraft entfaltende Geräuschepool ist ein Auffangbecken für verschiedenste Einflüsse, die freilich allesamt aus dem Setzkasten des Pop stammen.

So catchy wie auf der neuen CD "This is Happening" war Murphy noch nie, genau deshalb kommen nun übrigens allfällige Vorwürfe, er sei nun tatsächlich un cool. Murphy wird's nicht jucken, kürzlich erst komponierte er die Filmmusik für Noah Baumbachs "Greenberg". In seinem Label hat er angesagte Acts wie Hercules & Love Affair unter Vertrag, und mit LCD Soundsystem hat er alles gesagt. "This is Happening" soll das letzte Album sein. Die Hipster, diese informierten und Avantgarde-Hörer, wird's nicht jucken: Sie warten auf das Neue. Es wird aller Voraussicht nach wieder aus der Abteilung der entpersonalisierten Popmusik kommen, in dem Computerfrickler die besten Tanzklänge komponieren. Ein Gesicht hat diese Musik nicht, sie ist für die Füße gemacht und für die Ohren, nicht fürs Auge.

LCD Soundsystem This is Happening (EMI),

Caribou Swim (City Slang)