Wie einen vor Einfällen und Gags tosenden Gewittersturm inszeniert Katharina Thalbach den “Raub der Sabinerinnen“ in der Winterhuder Komödie.

Hamburg. Geheimnisse und Lügen sind der Motor für jeden Schwank. Professor Gollwitz hat als Student eine Römertragödie verbrochen: "Der Raub der Sabinerinnen". Die Wandertruppe des Theaterdirektors Striese führt sie nun auf. Wer der wahre Autor ist, soll aber niemand erfahren - am allerwenigsten die sittenstrenge Gattin des Schulmeisters.

Wie einen Gewittersturm lässt Katharina Thalbach bei ihrer vor Einfällen und Gags sprühenden Inszenierung des Unterhaltungsklassikers der Gebrüder Schönthan die chaotischen Künstler in die Stube der Spießer einbrechen. Und bringt bei ihrem Gastspiel die Winterhuder Komödie zum Beben: Denn Thalbach gibt die legendäre Rolle des Schmierenkomödianten Striese, auch dessen Frau Luise - und krächzt noch dazu den vorlauten Kakadu Cicero. Zum Brüllen komisch.

Wie Striese im Schwank feierten auch Thalbach und ihr spiellustiges Ensemble einen triumphalen Lacherfolg. Die "Gnädige Frau" ist mit Tochter zur Kur. Dienstmädchen Rosa raucht Zigarre, und der zerstreute Professor (ulkig: Markus Völlenklee) geht dem gerissenen Striese aus Eitelkeit auf den Leim. Schon Thalbachs Auftritt mit Schnurrbart und gewaltigem Embonpoint provoziert Applaus. Ihr kugelrunder sächselnder Theaterpraktiker ist zum Knutschen komisch. Eine Kaffeekanne als "Sabinscherin" im Arm, die Gebäckschale als Silbermond überm Mittelscheitel schwingend, probiert er gleich den Auftritt des römischen Helden. Immer den Erfolg beim Publikum "vor dem geistigen Ooche", ändert und kürzt er Rollen und Text: "Was gestrichen ist, kann nicht durchfallen."

Thalbach macht in Handumdrehen den Tisch inmitten von Mike Hahnes gediegenem, holzgetäfelten und rot tapezierten Salon zum Regiepult. Und als Luise Striese - nun mit blonder Perücke und Cul de Paris, einem mächtigem Hinterteil (Kostüme: Jenny Schall) - auch zur Probebühne: um sich den talentlosen Nachwuchs Emil Gross (Tobias Schulze) zur Brust zu nehmen.

Wie Emanuel Striese seine Künstlerfamilie dirigiert, inszeniert Thalbach akurat die eigene mit Markus Völlenklee und Tochter Anna - in der Rolle der kecken Göre Paula. Wie Striese ist sie ein Theatertier mit Herzblut, kennt alle Komödientricks und scheut weder Slapstick noch Clownerie. Sie zeigt aber auch berührend die Tragikomik von Strieses gescheitertem Traum, am Wiener Burgtheater zu glänzen. Ihre gegen Schluss farcenhaft überdrehte Inszenierung ist eine einzige, auch selbstironisch verstandene Liebeserklärung ans Theater und die Spielleidenschaft aller begabten wie unbegabten Künstlerkollegen. Dieses hinreißende Schwankvergnügen sollte man auf keinen Fall verpassen.

Der Raub der Sabinerinnen bis 30.5., Komödie Winterhuder Fährhaus, Kartentelefon 48 06 80 80