Vier Freundinnen sind bei Annika Reich “Durch den Wind“

Vielleicht kommt man nicht ganz ohne Klischees aus, wenn man über Frauen um die 30 schreibt, die in Berlin-Mitte wohnen (wie die Autorin) und die sich mit dem herumplagen, womit sich Frauen dieses Alters - und nicht erst seit "Sex and the City" - offenbar so beschäftigen: Männern (ja, schlimm, aber so ist das), der Last der Verantwortung für das eigene Glück, dem verwirrenden Lebensknäuel aus Karriereplan, Kinderwunsch und dem, was man so Selbstverwirklichung nennt. Man darf und kann (und will?) ja praktisch alles, heutzutage, so als Frau, und alles ist ja bisweilen dann doch ziemlich viel.

So jedenfalls liest sich Annika Reichs zweiter Roman, "Durch den Wind", streckenweise - als wolle er ein bisschen viel. Und als seien Frauen um die 30 schon mal per se irgendwie lebensunfähig. Mag ja sein im Einzelfall, aber muss man immer darauf herumreiten? Friederike zum Beispiel, eine der vier Freundinnen, in deren Leben Annika Reich hineinblendet, verkauft Sahnetorten im eigenen Szeneladen, ist wahnsinnig kreativ, will aber vor allem eines: schwanger sein. Klappt leider nicht, der Mann der Stunde hat's nicht so mit Nähe. Die schöne Siri wiederum hat schon ein Kind, auch einen Mann, einen tollen sogar, ist aber depressiv bis zur Tablettenüberdosis. Alison, eine Illustratorin, hat eigentlich auch einen Mann, der ihr jedoch abhanden kommt, und Yoko, die japanische Architektin, hat sogar einen fast schon bedenklichen Männerverschleiß, ist aber derart cool, dass keiner je ihr Herz erwärmt. Japan schließlich wird für die Freundinnen, für jede auf ihre Art, zum Schicksals-Knotenpunkt, auf den alle Geschichten mindestens assoziativ treffen.

So belanglos, wie so eine Kurzzusammenfassung zwangsläufig klingt, ist er zwar auch wieder nicht, dieser Gegenwartsroman. Aber man liest sich so durch die Einblicke, wie man auch eine alte Folge "Sex and the City" hin und wieder ganz gern guckt. Mit etwas Melancholie, auch mit Vergnügen, nicht mit dem ganz großen Ernst.

Im Grunde ist dieses Buch wie ein Stück der feschen Sahnetorten aus Friederikes Laden: lecker, luftig, aber auf lange Strecke nicht recht sättigend.

Annika Reich: Durch den Wind, Hanser Verlag, 336 S., 19,90 Euro