Im Jungen Schauspielhaus bezaubert “Ein himmlischer Platz“

Hamburg. Wer zehn Jahre alt ist, hat's schwer. Florian mit dem blonden Wuschelkopf könnte ein Lied davon singen. Er wohnt mit seinen Eltern bei einem China-Restaurant. Der superkluge Junge fantasiert sich den langweiligen grauen Schulalltag farbenfroh à la chinoise mit Lampions, roten Vorhängen und Gong. Eine zauberhafte Idee von Regisseurin Barbara Bürk und Ausstatterin Anke Grot für Guus Kuijers Stück "Ein himmlischer Platz" im Jungen Schauspielhaus. Der Malersaal leuchtet in Pink. Genau so sieht auch die kleine, in Florian verliebte, Katja die Welt. Durch eine rosarote Brille.

Das kecke Mädchen mit den Zöpfen (entzückend: Nadine Schwitter) verwirrt den Jungen. Thorsten Hierse gibt sich schüchtern, bockig und rastet auch mal zur Belustigung der Kinder aus. Ihr Liebling ist der drollige Spatz Niko in Gestalt eines chinesischen Mandarins mit flügelartigen Fähnchen im Rücken und Federschopf am Kopf. Clemens Sienknecht, der skurrile Musiker des Regisseurs Christoph Marthaler, führt als Erzähler durch dieses Märchen über einen ganz normalen Tag. Dabei tschilpt er mit unbewegter Miene, spielt süße Melodien auf der Hammondorgel und greift in die Geschichte ein. Er fliegt auf den Kopf von Oma und bringt die beiden Kinder zur dementen alten Dame, rührend und auch komisch gespielt von Christine Ochsenhofer.

Das Problem von Alter und Pflege wird hier kindgerecht (ab zehn Jahren) und fast wie nebenbei vermittelt: Es geht um Hilfsbereitschaft und denMut, sich um Dinge zu kümmern. Während der Junge sich auch verirrt und fragt, woher er eigentlich kommt, verliert die verwirrte Oma ihr Gedächtnis. Florian findet jedoch Schritt für Schritt im Dialog mit seinen Eltern und der resoluten Paukerin Frau Petronella (Tim Porath) zu seinem Ich, während ebendies der Oma langsam abhandenkommt.

Dieses Thema beschäftigt offenbar am Theater die jungen wie alten Schauspieler. Zum dritten Mal veranstaltet das Schauspielhaus im Herbst das Festival "Herzrasen 60+". Ins Programm könnte auch die Lichthof-Produktion von Oliver Gorfs "Brave New Age" passen. Gero Vierhuff inszenierte mit den Bühnensenioren mutig, hart und provozierend. Erla Prollius als demente Mutter fordert Frischfleisch, rebelliert lebensgierig. In komödiantisch-selbstironischen Monologen demonstrieren die Darsteller eine selbstbewusste Haltung zu Alter und Gebrechlichkeit. Am "Himmlischen Platz" sind diese Probleme zwar in rosarotes Licht getaucht, werden aber auch ehrlich und ohne Sentimentalität angesprochen.

Ein himmlischer Platz 11., 31.5, 1., 2., 26. u. 27.6., Malersaal im Schauspielhaus, Karten unter T. 24 87 13 oder www.schauspielhaus.de