Auf dem Anderseits-Literaturfestival stehen ab Sonntag unabhängige Hamburger Autoren im Mittelpunkt.

Haus III & 70. Verlage sind oft schon zufrieden, wenn sich ein Titel ihres Programms mehr als 1000-mal verkauft. In der Fachsprache heißt das vierstellig, für den Autor bedeutet es: Er wird nicht reich. Im immer schneller und immer mehr Buchstaben ausspuckenden Buchmarkt wird es zunehmend schwerer, sich Aufmerksamkeit zu verschaffen. Die großen Buchläden wie Thalia und Hugendubel legen nur noch aus, was populär und bekannt ist, ein Nachwuchsautor ist nur darunter, wenn er bei einem großen Verlag ist oder eine TV-Show hat. So rutscht dem Leser manch lohnenswerte Lektüre durch. Aber auch abseits des Mainstreams und neben den Larssons, Meyers, Walsers und Irvings erscheinende Autoren verdienen Publikum.

Das findet auch der allgemeinnützige Literaturverein Utopia e.V., der vom 9. Mai an ein dreitägiges Literaturfestival im Schanzenviertel veranstaltet. Im Haus III & 70 treten ausschließlich Autoren und Verlage auf, die unabhängig sind - so jedenfalls die Formulierung auf der Homepage des Festivals. Inwiefern man als Autor aber völlig unabhängig sein kann, sei einmal dahingestellt. Wahrscheinlich geht es darum, möglichst wenig Kompromisse zu machen.

Das Programm des "Anderseits"-Festivals, das den Willen, alternativ zu sein, schon im Namen trägt, wartet dann in der Tat mit Namen auf, die nur Experten und Liebhabern ein Begriff sind: der Norweger Tor Age Bringsvaerd zum Beispiel, dessen skurriler neuer Roman "Die Frau, die allein ein ganzer Tisch war" im kleinen Berliner Onkel&Onkel-Verlag erscheint. Andere Autoren sind Andreas Stichmann, Katharina Bendixen, Ina Bruchlos und Tobias Amslinger.

Begleitet werden die Lesungen von Musik, Hörspielen, Kurzfilmen. Mit dem interdisziplinären Ansatz sind die Festivalmacher auf der Höhe der Zeit und erfüllen die Vorgaben mancher Branchenkenner, die zuletzt den Charakter vermeintlich altmodischer Wasserglaslesungen kritisiert hatten. Gleichviel, welchen Reiz welche Veranstaltungsform ausübt - die insgesamt 15 kleinen Verlage und 40 unabhängigen Autoren bekommen auf dem "Anderseits"-Festival ein prima Forum. Eine Chance gerade für junge Autoren, die oft jenseits etablierter Verlagsstrukturen ihre Chance suchen. "Unser Festival ist Kulturereignis und Fachmesse. Schwerpunkt ist die unabhängige Hamburger Literatur", sagt Peggy Neidel vom Organisationsteam.

Poetry-Slams und Cartoon-Zeichner stehen auf dem Programm der Gegenwartsliteratur. Gleiches gilt für Fragen zur Zukunft des Kulturguts Buch, das sich der neuen elektronischen Leseflächen erwehren muss. Die "Anderseits"-Macher sind altmodisch: weil unabhängige Verlage eher auf das haptische Erleben setzen. Neidel: "Wir können manche Fragen nicht beantworten, ihnen aber nachspüren. Wie ist Text heute vermittelbar? Wird das Buch als Medium seinen Platz halten?"

Anderseits-Literaturfestival bis Di 11.5., Haus III & 70 (U/S Sternschanze), Schulterblatt 73, Karten ab 10,-; Programm unter www.anderseits-literaturfestival.de