Berlin .

Wurst, Schinken und anderes verarbeitetes Fleisch sind nach Einschätzung der Internationalen Krebsforschungsagentur (IARC), einer Einrichtung der Weltgesundheitsorganisation WHO, krebserregend. Das persönliche Risiko hänge davon ab, wie viel davon täglich auf dem Teller landet. Für die groß angelegte Untersuchung werteten die Wissenschaftler 800 Studien aus.

Mit ihrer jetzigen Einschätzung stufte die IARC verarbeitetes Fleisch in die „Gruppe 1“ der krebserregenden Stoffe ein, dazu zählen etwa auch Tabakrauch oder Asbest. Es gebe „ausreichend Belege“, dass verarbeitetes Fleisch Darmkrebs hervorrufen könnte, erklärten die Experten am Montag.

Das Risiko, an Darmkrebs zu erkranken, erhöhe sich demnach um 18 Prozent je 50 Gramm. Auch ist ein Zusammenhang mit Magenkrebs beobachtet worden. Als verarbeitetes Fleisch gelten alle Produkte, die gepökelt, geräuchert, fermentiert oder durch andere Prozesse haltbar gemacht wurden. Etwa: Schinken, Wurst, Würstchen, Dosenfleisch, Trockenfleisch oder Soßen auf fleischlicher Basis. Das Problem: Bei der Verarbeitung können Nitrosamine und sogenannte polyzyklische aromatische Kohlenwasserstoffe (PAK) oder heterozyklische aromatische Amine (HAA) entstehen – Substanzen, die Krebs auslösen können oder im Verdacht stehen, dies zu tun. Besonders viele davon bilden sich, wenn mit hohen Temperaturen gekocht oder gegrillt wird.

Das Risiko für den Einzelnen, wegen des Konsums von verarbeitetem Fleisch an Darmkrebs zu erkranken, bleibe klein, sagte Kurt Straif, Leiter des Analyseprogramms der IARC. Das Krebsrisiko steige aber mit der verzehrten Menge. Auch mit Blick auf die große Zahl von Fleischessern sei der weltweite Einfluss auf das Vorkommen von Krebs für das Gesundheitswesen von Bedeutung.

Rotes Fleisch – gemeint ist das Muskelfleisch von Rind, Schwein, Lamm, Pferd oder Ziege – stuften die Experten als „möglicherweise krebserregend“ ein. Dafür gebe es bislang allerdings nur begrenzte Hinweise.

„Die Dosis macht das Gift“, erklärte Ingmar Streese vom Verbraucherzentrale Bundesverband vzbv. „Dass zu viel Fleischkonsum gesundheitlich bedenklich ist und gefährlich sein kann, ist nicht neu.“ Das Bundesinstitut für Risikobewertung verweist auf eine Stellungnahme aus dem Jahr 2009. Dort heißt es: „Da Fleisch auch wertvolle Aminosäuren, gut verwertbares Eisen und B-Vitamine enthält, ist es weiterhin ein wichtiges Lebensmittel für eine gesunde und ausgewogene Ernährung.“

Die WHO-Krebsforscher selbst geben keine Empfehlung für den Fleischkonsum. Tatsächlich weisen Ernährungswissenschaftler wie Streese aber schon seit Langem darauf hin, dass es auf die Menge ankommt. Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE) rät, nicht mehr als 300 bis 600 Gramm Fleisch und Fleischwaren pro Woche zu essen. Derzeit verspeisen Männer im Schnitt gut das Doppelte: rund 1090 Gramm. Frauen liegen mit knapp 590 Gramm an der oberen Grenze.