Mit „The Walk“ schuf Robert Zemeckis einen poetischen, atemberaubenden 3-D-Film über den Akrobaten Philippe Petit

Mit dem 3-D-Kino sind wir ja eigentlich durch. Nur wenige Filmemacher haben diese Technik bislang für etwas wirklich Innovatives genutzt. Und die Filmindustrie verwendet das Ganze hauptsächlich als Schutz gegen Raubkopierer und als findige Gelegenheit, um noch mehr Geld fürs Ticket zu verlangen. Aber jetzt kommt dieser Film, „The Walk“ von Robert Zemeckis, und wir müssen alles zurücknehmen. Ein Film, der die 3-D-Technik nicht nur voll nutzt, sondern sein Publikum kollektiv in Höhenangst versetzt. Und verzaubert.

Es war der wohl berühmteste Drahtseilakt, der je vollzogen wurde: Am 7. August 1974 balancierte plötzlich ein Mann auf einem Seil zwischen den Twin Towers, ohne jede Absicherung. Achtmal. Und der ganze Big Apple hielt den Atem an. Das World Trade Center stand damals erst kurz vor der Fertigstellung, bis dato empfanden die New Yorker ihn eher als hässlich. Danach aber sahen sie ihn mit anderen Augen: das Verdienst von Philippe Petit, der seine Operation illegal durchführte, aber damit etwas zutiefst Poetisches geschaffen hat. Und Zemeckis hat den am 11. September 2001 zerstörten Twin Towers nun wiederum ein filmisches Monument errichtet.

„The Walk“ beginnt wie ein Biopic. Er zeigt uns in kurzen Szenen, wie Petit zum Straßenkünstler wird. Und wie er seine Liebe zur Luftnummer entdeckt. Bis dahin ist der Film schwarz-weiß, mit dem ersten Lauf auf dem Seil wird das Leben bunt. Von einem Zirkuskünstler (Ben Kingsley) lernt Petit seine Kunst. Eine erste Vorführung über einem Weiher endet im Wasser. Doch Petit greift trotzig nach den Sternen. Schwebt plötzlich über Notre Dame. Joseph Gordon-Levitt verkörpert diesen Philippe Petit. Lernte vom echten Petit, auf dem Seil zu laufen. Und erzählt dessen Geschichte mit Augenzwinkern.

Der zweite Teil ist ein klassisches „Heist-Movie“. Ein Einbruchsfilm also. Rififi in schwindelnder Höhe. Wie hat es Petit mit seinen Freunden überhaupt in den Bau geschafft? Wie hat er den immens schweren Draht aufs Dach bekommen und dann auf den anderen, 60 Meter entfernten Turm geschossen? Allein dieser Teil ist schon Nervenkitzel pur.

Wenn Petit dann seinen ersten Fuß auf das Seil setzt, hält das ganze Kino den Atem an. Und kommt gehörig ins Schwitzen. Menschen mit Höhenangst dürfte an dieser Stelle schlecht werden. Immerhin blickt man 417 Meter in die Tiefe. Und hört dazu auch noch in sadistischem Dolby Surround den Wind säuseln und das Seil knarzen. Selbst der echte Petit, der am Film mitgewirkt hat, muss da schlucken: „Es ist meine Geschichte, ich kenne sie gut und ich weiß, wie sie endet“, bekannte er vor der Premiere, „und doch hab ich die ganze Zeit gebangt: Hoffentlich geht das gut aus!“

„The Walk“ USA 2015, 123 Min., ab 6. J.,
R: Robert Zemeckis, D: Joseph Gordon-Levitt,
Sir Ben Kingsley, täglich im Cinemaxx Dammtor/
Harburg, Passage, Savoy, Studio, UCI Mundsburg/
Othmarschen/Wandsbek; thewalk-film.de