Eigentlich ging er vor 50 Jahren in die ewigen Jagdgründe. RTL lässt ihn aber 2016 wieder aufleben

Man weiß nie, wann das nächste Mal Filmgeschichte geschrieben wird, lautete das Motto von dem am Sonnabend beendeten Filmfest Hamburg. Nach vorn gedacht stimmt das, rück­blickend ist es natürlich etwas anders. Für die Bundesrepublik Deutschland endete vor 50 Jahren, in der dritten Oktoberwoche 1965, eine Ära. Winnetou wurde ermordet. Im Kino. Einfach so.

Den jüngeren Lesern muss man das ein bisschen erklären. Dieses Land hatte damals plötzlich einen ziemlich hohen Anteil an indigener Bevölkerung – zumindest theoretisch-emotional. Es wimmelte nur so von Indianer-Sympathisanten. Das noch von Kriegserinnerungen gebeutelte Land war damals nach dem vergangenen Arierwahn immer noch auf der Suche nach neuen Idealen. Indianer passten perfekt ins Beuteschema, weil sie so naturverbunden waren, vor allem aber keine Nazi-Vergangenheit hatten. Bis 1963 wurden wir sogar von einem Bundeskanzler regiert, der aussah, als gehörte er zu einem ihrer Stämme: Konrad Adenauer. Winnetou, unnachahmlich aristokratisch-europäisch von Pierre Brice verkörpert, hing deshalb in vielen Jugendzimmern als Sinnbild des edlen Wilden.

Was machte es schon, dass er Franzose und damit also kurz zuvor noch Erzfeind war? Viele wollten sein wie er. Und dann schießt dieser Schurke Rollins ihn einfach über den Haufen. Ein Eklat, wenn auch vorhersehbar für alle, die Karl Mays Romanvorlage gelesen hatten.

Indianer dürfen nicht (aus)sterben, und dieser schon gar nicht. Also feierte man im Kino noch im selben Jahr erstmals die Rückkehr des verschwundenen Indianers. Winnetou erlebte in „Old Surehand“ seine Auferstehung – aus Kinokassengründen. Aber nichts war mehr wie vorher. Drei Jahre später rebellierten sogar die Studenten. Danach war in Deutschland erst recht nichts mehr wie vorher.

Weil das aber schon so lange her ist, kommt Winnetou im kommenden Jahr noch einmal als Dreiteiler bei RTL zu uns zurück. Auch das kann niemand verwundern, der sich bei Karl May auskennt. Band 33 seiner unglaublich umfangreichen Bibliografie lautet „Winnetous Erben“. Mal sehen, ob er noch immer jugendzimmertaugliche Ideale erkämpft, die zum Zeitgeist passen. Wird das der Beginn einer neuen Ära? Man weiß nie, wann das nächste Mal …