Berlin .

Der Beweis ist erbracht: Es gibt flüssiges Wasser auf dem Mars – Leben auf dem Roten Planeten ist möglich. Das verkündete die US-amerikanische Raumfahrtbehörde Nasa am Montag. Die Wissenschaftler um Forscher Lujendra Ojha vom Georgia Institute of Technology in Atlanta hatten mithilfe der Raumsonde „Mars Reconnaissance Orbiter“ (MRO) Fließstrukturen an Berghängen des Mars entdeckt. Die Forscher sprechen von sogenannten „Dark Streets“, dunklen Strukturen, die im marsianischen Sommer auftauchen und im Herbst wieder verschwinden. Dabei handelt es sich um Spuren stark salzhaltigen Wassers, das bei etwa null Grad zu fließen beginnt.

Der Mars war vor 4,5 Milliarden Jahren ein wasserreicher Planet

„Der Fund bringt uns der Antwort näher, ob es Leben auf dem Mars gegeben hat und ob bis heute Spuren davon zu finden sind“, sagte Jim Green, Leiter der Nasa-Abteilung für Planetenwissenschaften. „Je mehr wir den Mars untersuchen, umso mehr lernen wir, wie Leben dort existieren könnte“, so der Leitende Wissenschaftler des Nasa-Marsprogramms, Michael Meyer. „Jetzt haben wir die großartige Gelegenheit, das am richtigen Ort auf dem Mars zu untersuchen.“ Die Analysen sind der bislang beste Beleg dafür, dass es auch heute noch zumindest zeitweise flüssiges Wasser auf dem Roten Planeten gibt. Flüssiges Wasser ist von zentraler Bedeutung für Leben, wie wir es kennen. Zwar haben bereits mehrere Mars-Missionen zuvor zahlreiche Vorkommen von Eis und viele Hinweise auf ausgetrocknete Gewässer gefunden – jedoch nie flüssiges Wasser. „Die meisten Leute denken an urzeitliches oder gefrorenes Wasser, wenn sie über Wasser auf dem Mars reden“, sagte Ojha. „Jetzt wissen wir, dass dies nicht die ganze Geschichte ist.“

Es ist schon lange bekannt, dass der Mars vor 4,5 Milliarden Jahren ein wasserreicher Planet war, nach Erkenntnissen des Max-Planck-Instituts für Sonnensystemforschung (MPS) waren etwa 20 Prozent des Mars mit Wasser bedeckt. Doch etwa zur gleichen Zeit, als sich auf der Erde Leben entwickelte, verschwand es. „Warum, ist unklar“, sagt Professor Ralf Jaumann, Wissenschaftler am Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) Institut für Planetenforschung, Planetengeologie. Er war Teil der ersten europäischen Mission Mars Express.

Auf der Suche nach Leben im All setzten viele Wissenschaftler weiterhin auf den Mars, denn kein anderer Planet ist der Erde ähnlicher. Sie vermuteten Wasser in Form von Eis im Untergrund, wo es wärmer sein könnte als an der Oberfläche. „Zahlreiche Modelle hatten das vorhergesagt“, so Jaumann. Jetzt steht fest: „Es gibt H2O, es ist nicht viel, aber es ist da“, sagt Jaumann.

An Kraterrändern beobachteten die Forscher Spuren von offenbar salzigem Wasser, das mit Schlamm vermischt herunterfloss. „Das Wasser ist salziger als unsere Meere“, vermutet Jaumann. Der hohe Salzgehalt sei ein wesentlicher Punkt: Salz setze den Schmelzpunkt des Eises herunter, schmelze es schließlich, mache das Salz das Wasser schwerer, es verdampft nicht so schnell. Ob in dem salzigen Wasser Leben existiert, ist noch nicht klar. „Aber der Fund erhöht die Wahrscheinlichkeit, dass es Leben auf dem Mars gibt.“

Nun planen die Wissenschaftler den nächsten Schritt. Es gilt die perfekte Stelle zu finden, um Proben zu nehmen. „Die US-Kollegen planen das für 2020“, sagt Jaumann. Der kritische Punkt sei jedoch, die Proben zur Untersuchung auf die Erde zu bringen – ein großer organisatorischer und finanzieller Aufwand. „Vermutlich wird das erst gegen Ende der 20er-Jahre passieren.“

Die Nasa-Raumsonde „Mars Reconnaissance Orbiter“ wurde am 12. August 2005 vom Weltraumbahnhof Cape Canaveral auf die Reise geschickt – 500 Millionen Kilometer bis zum Mars. Sieben Monate war sie unterwegs zu dem Planeten, weitere sechs um die geplante Flugbahn der Raumsonde um den Mars herum zu erreichen. Die zwei Tonnen schwere Sonde kartografiert mit Hilfe des HiRISE, einer hochauflösenden Optik, die Oberfläche des Roten Planeten. Auch um geeignete Stellen für künftige Mars-Missionen zu finden. Erst drei bis vier Prozent der Mars-Oberfläche sind kartografiert.

Außerdem hat sich der „Mars Reconnaissance Orbiter“ mithilfe eines Radars auf die Suche nach Wasser gemacht – und damit auch nach der Antwort auf eine Frage: Gab es auf dem Mars für eine so lange Zeit Wasser, dass sich Leben hätte entwickeln können? Die aktuelle Entdeckung beantwortet zumindest einen Teil der Frage.

Menschen auf dem Mars – diese Vision regt seit Jahrzehnten Fantasien an. Die Amerikaner formulierten entsprechende Pläne schon Ende der 60er-Jahre, zu Zeiten also, da sie gerade erst die ersten Menschen auf den Mond geschickt hatten.

Zuletzt skizzierte US-Präsident Barack Obama im April 2010 einen Zeitplan für die Marsmissionen. Demnach will die Nasa Mitte der 2030er-Jahre zunächst Astronauten um den Roten Planeten kreisen, dann auf ihm landen lassen. Eine Nasa-Studie kalkulierte dafür Kosten von 100 Milliarden Dollar pro Mission. Deutsche Experten halten die Pläne, die gestern nicht bestätigt worden sind, für zu ambitioniert. Das DLR hält eine bemannte Mission vor 2050 kaum für möglich.

Eine Rückkehr der ersten Mars-Reisenden ist nicht geplant

In diesen Zeiträumen denken auch die europäische Raumfahrt-Agentur ESA und die russische Agentur Roskosmos, die beide an bemannten Marsmissionen arbeiten. Von Experten äußerst skeptisch beurteilt wird das Projekt „Mars One“. Die gleichnamige niederländische Stiftung hat das Ziel formuliert, bis zum Jahr 2027 vier Menschen zum Mars zu bringen und dort leben zu lassen, ihre Rückkehr zur Erde ist nicht vorgesehen. Sechs Millarden Euro soll die Mission kosten, für die sich über 200.000 Menschen weltweit gemeldet haben sollen. Im Februar wählte „Mars One“ 50 Männer und 50 Frauen für die weiteren Vorbereitungen aus.