Kairo.

Dass Inferno kam plötzlich: Eine Gruppe von Touristen aus Mexiko war gerade mit ihren vier Geländewagen in der Wüste unterwegs, als laut Augenzeugen ein Flugzeug und mehrere Kampfhubschrauber zwischen den Oasen Bahariya und Farafra ihren Konvoi bombardierten. Sämtliche Insassen wurden getötet oder verletzt.

Nach ersten Meldungen starben zwölf Passagiere, darunter mindestens zwei Mexikaner und mehrere ägyptische Fremdenführer. Die übrigen zehn Teilnehmer wurden verletzt, darunter auch ein Amerikaner. Fünf Mexikaner sind inzwischen ins Dar el-Fouad Hospital im 350 Kilometer entfernten Kairo verlegt worden. Botschafter Jorge Álvarez habe im Krankenhaus mit den sechs verletzten Mexikanern gesprochen. „Unabhängig voneinander berichteten sie von einem Luftangriff, bei dem Bomben aus einem Flugzeug und Hubschraubern abgeworfen worden seien“, sagte Außenministerin Claudia Ruiz Massieu am Montag in Mexiko-Stadt. Der Angriff sei erfolgt, als die Urlauber einen Halt zum Essen und Ausruhen eingelegt hätten.

Mexikos Präsident Enrique Peña Nieto verurteilte das Massaker. „Mexiko verurteilt diese Aktionen gegen unsere Mitbürger und hat von der Regierung Ägyptens eine eingehende Untersuchung gefordert“, schrieb er auf seinem Twitter-Account.

Die ägyptische Seite dagegen hüllte sich über die genauen Umstände der Tragödie zunächst in Schweigen. Das Innenministerium erklärte lediglich, die Gruppe sei in einem gesperrten Wüstenabschnitt unterwegs gewesen und von den Soldaten irrtümlich für Mitglieder des „Islamischen Staates“ gehalten worden – eine Darstellung, die lokale Verantwortliche energisch bestritten. Nach ihren Angaben sei die Reisegruppe sogar von einem Polizeijeep begleitet gewesen.

Das tödliche Drama ist ein weiterer schwerer Rückschlag für die notleidende ägyptische Reisebranche. Das Gebiet der sogenannten weißen Wüste mit seinen spektakulären Kalksteinformationen zwischen den Oasen Bahariya und Farafra gehört zu den Hauptattraktionen des ägyptischen Wüstentourismus. Jede Gruppe muss ihre Fahrtroute vorher bei der ägyptischen Oasenpolizei anmelden und genehmigen lassen. Auslöser dieses strengen Kontrollsystems war im Oktober 2014 ein Terrorüberfall von IS-Kommandos aus Libyen auf einen Militärposten nahe Farafra, bei dem 21 Soldaten starben. Erst vor einigen Wochen hat es offenbar einen weiteren IS-Angriff auf einen Militärposten in der Gegend gegeben, diesmal auf der Straße zwischen Bahariya und Kairo, der jedoch von den Behörden verschwiegen wurde.

Die IS-Kommandos haben in den Oasen ihre eigenen Informanten. Erfahrene Wüstenfahrer und beduinische Führer berichten, dass sie regelmäßig per SMS bedroht werden, ihre Wüstenkenntnisse nicht der Armee zur Verfügung zu stellen. Einzelne Wüstenkundige aus ihrem Kreis wurden bereits ermordet. Die aus Libyen kommenden Kolonnen aus Lastwagen und Allradfahrzeugen operieren in der Regel nachts. Sie transportieren Menschen und Waffen sowie Drogen und Elektronikwaren.

Ägypten unterhält entlang der 1115 Kilometer langen Sandgrenze zu Libyen 35 feste Armeeposten, die jeweils rund 40 Kilometer voneinander entfernt sind. In letzter Zeit wurden zusätzlich mobile Militärlager errichtet, jeweils ausgerüstet mit einigen Zelten und Fahrzeugen.

Reisewarnung für Unglücksort besteht schon länger

Das Auswärtige Amt warnt bereits seit Längerem vor unbegleiteten Reisen in der Unglücksregion. Die westliche Wüste diene als Rückzugsgebiet für islamistische Kämpfer, unter anderem auch für Anhänger der Terrormiliz „Islamischer Staat“ (IS). Ähnliche Teilreisewarnungen spricht das Auswärtige Amt ebenfalls für die Grenzregionen nahe dem Sudan, Libyen und Israel aus. Der überwiegende Teil der bei Deutschen beliebten Touristenregionen – wie etwa die Ferienziele am Roten Meer – sei aber nach wie vor unbedenklich zu bereisen, betonte ein Sprecher des Auswärtigen Amtes.

Erst im Juni dieses Jahres vereitelte die ägyptische Polizei ein Selbstmordattentat auf Touristen. In Luxor hatten drei Männer vergeblich versucht, sich in die Luft zu sprengen. Einem Mann gelang dies, zwei Sicherheitskräfte wurden dabei verletzt.