Berlin .

Mehr als 2,5 Millionen Menschen haben Ende 2014 Leistungen aus der gesetzlichen Pflegeversicherung erhalten. Doch die nach Pflegestufen gezahlten Beträge (siehe Tabelle) reichen oft nicht aus, um die Ausgaben zu decken. Das wird auch nach der 2017 in Kraft tretenden Pflegereform so bleiben. Versorgungslücken gelten deshalb als großes Armutsrisiko. Angaben des Sozialverbandes VdK zufolge mussten 2014 etwa 444.000 Menschen beim Staat „Hilfe zur Pflege“ beantragen, 100.000 mehr als zehn Jahre zuvor. Experten streiten darüber, ob die private Pflegeversicherung das Problem lösen oder nur eingrenzen kann.

Wie kann ich privat vorsorgen?

Es gibt drei Varianten: Die Pflege­rentenversicherung zahlt Versicherten pro Monat eine vereinbarte Rente, unabhängig davon, ob sie zu Hause oder im Heim gepflegt werden. Diese Versicherung ist laut Stiftung Warentest teurer als deren Alternativen: eine Pflegekostenversicherung, die gegen Rechnung Pflegeleistungen bezahlt, oder die Pflegetagegeldversicherung. Diese lässt den Versicherten die Wahl, für was und wen sie im Pflegefall das Geld ausgeben.

Wie groß kann die Lücke sein, die mit der Versicherung zu schließen ist?

Finanzexperten von Stiftung Warentest haben den Bedarf für eine professionelle, gute Pflege geschätzt und die Lücke ermittelt, die trotz Leistung der gesetzlichen Pflege­versicherung noch zu schließen ist. Für die Pflege zuhause durch Pfle­gekräfte ergaben sich folgende zusätzliche Kosten im Monat: in Pfle­gestufe I 540 Euro, in Pfle­gestufe II 1295 Euro und in Pfle­gestufe III 2365 Euro. In Pfle­gestufe 0 gehen die Experten davon aus, dass die Versorgung etwa genauso viel kostet wie in Pfle­gestufe I. Uwe Kantelberg von der Verbraucherzentrale Sachsen rät, beim Abschluss eines Vertrages das Tagegeld so zu bemessen, „dass es in der Pflegestufe I wenigstens 300 Euro im Monat, in Stufe II 750 und in Stufe III zumindest 1500 Euro beträgt“.

Wie viel Geld muss ich pro Monat für eine Pflegetagegeldversicherung ausgeben?

Für eine gute Absicherung muss ein 55-Jähriger laut Stiftung Warentest in der Regel zwischen 70 und 90 Euro pro Monat aufbringen. Die Policen seien vor allem etwas für gut verdienende Kunden. Denn Verbraucher sollten sich im Klaren sein, dass sie diese Beiträge auch über ihr Arbeitsleben hinaus aufbringen müssen. Schließlich werden die meisten Menschen erst lange nach dem Eintritt in den Ruhestand pflegebedürftig. Und wenigstens bis zu diesem Zeitpunkt müssen die Policen bedient werden.

Was müssen Versicherte vor dem Abschluss einer Police wissen?

Die private Pflegeversicherung ist in der Regel eine reine Risikoversicherung. Tritt der Notfall nicht ein, sind die eingezahlten Beiträge verloren. Auch wenn die Zahlung nicht durchgehalten werden kann, ist es ein Verlustgeschäft. Dann gibt es weder Geld zurück noch später einmal Leistungen. Laut Verbraucherzentrale Sachsen gehört die private Pflegeversicherung nicht zu den existenzsichernden Policen. „Wichtiger sind die Haftpflichtversicherung oder eine Absicherung gegen Berufsunfähigkeit“, sagt Uwe Kantelberg.

Welche Fallstricke lauern?

Einige Verträge sehen Wartezeiten vor. Wird der Kunde innerhalb dieser Phase pflegebedürftig, zahlt die Versicherung nicht. „Manche Unternehmen schließen bei ihren Leistungen auch Sucht als Ursache einer Pflegebedürftigkeit aus“, weiß Kantelberg. Achten sollten Kunden darauf, dass bei Beginn der Pflegezeit die Beitragszahlung entfällt. Sonst müssten sie praktisch einen Teil der Leistungen gleich wieder an den Versicherer zurückzahlen. Und: Die Feststellung der Pflegebedürftigkeit sollte durch den medizinischen Dienst und nicht durch einen Arzt der Versicherung festgestellt werden; von Angeboten mit einem Sparanteil sollten Verbraucher die Finger lassen und eine reine Risikoversicherung abschließen. Komplizierte Vertragsbestimmungen machen die Suche nach einem passenden Tarif kompliziert. Helfen können Vergleiche der Stiftung Warentest, unabhängige Honorarberater oder die Verbraucherzentralen.

Vor gut zwei Jahren hat der Staat die geförderte private Pflegeversicherung eingeführt, benannt nach dem damaligen Gesundheitsminister Daniel Bahr (FDP). Wie funktioniert diese?

Die Förderpflege funktioniert analog zu den nicht bezuschussten Verträgen. Aber: Die öffentliche Hand schießt monatlich fünf Euro zum Beitrag dazu, der Versicherte muss wenigstens zehn Euro einzahlen. Es gibt bei den Policen keine Gesundheitsprüfung, jedoch eine fünfjährige Wartezeit. Fast eine halbe Million Menschen hat sich bereits einen entsprechenden Tarif gesucht.

Was kritisieren Verbraucherschützer am Pflege-Bahr?

„Die Tarife schließen nicht die Versorgungslücke“, sagt Aline Klett, Pflegeexpertin von Stiftung Warentest. Die Höchstgrenzen beim Pflegetagegeld seien bei den meisten Tarifen zu niedrig. Außerdem müssten die Beiträge im Pflegefall weiterbezahlt werden. Besser sei eine Kombination von nicht geförderten und geförderten Versicherungen. Dabei schließen Kunden zwei Verträge ab.

Themenpaket Pflege von Stiftung Warentest (3 Euro) unter: www.test.de