In der Romanverfilmung nach dem gleichnamigen Buch von Karen Duve überzeugen vor allem die Schauspieler

Nach der Lektüre des Romans „Taxi“ von Karen Duve war es mit dem Taxifahren so: Man konnte es nicht mehr tun, ohne darüber zu grübeln, welche Gedanken sich der Fahrer oder (seltener) die Fahrerin gerade so macht. Ob man selbst ein angenehmer Fahrgast war? Ob man sprechen oder schweigen musste? Ob man abweisend oder aufdringlich wirkte? Ob das Trinkgeld in Ordnung war? Ob man besser hinten rechts oder hinten links oder auf dem Beifahrersitz saß (oder sitzen sollte)?

Und dann diese quälende Monotonie des Taxifahreralltags, die erahnen ließ, dass das Leben halt manchmal nur 50 Schattierungen von Grau bereit hält. Man las über die herbe Hauptfigur, die Ich-Erzählerin, und hatte natürlich auch die eher zurückhaltende Autorin vor Augen, die selbst in den 80er-Jahren in Hamburg Taxi gefahren war, was der Geschichte – die natürlich trotzdem ein Roman, also Fiktion war – wiederum eine besonders hohe Glaubwürdigkeit verlieh. „Taxi“, erschienen 2008, war ein Buch, das man fast jedem in die Hand drücken und ausgesprochen gut verschenken konnte. Lies mal, lohnt sich.

Vielleicht sind die Erwartungen an den Kinofilm deshalb zu hoch. Zumal Karen Duve selbst das Drehbuch verfasst hat. Und es ist ja auch kein schlechter Film geworden – bloß eben auch kein besonders guter. Dabei sind die Darsteller eigentlich alle toll: Rosalie Thomass gibt mit immer eine Spur zu pinkem Lippenstift die dauermucksche blonde Taxifahrerin Alex im „Zwodoppelvier“, von der alle (Eltern, Kollegen, Fahrgäste, Gesellschaft) mehr als nur Taxifahren erwarten. Ein „eigentliches“ Leben, das dahintersteckt. Ein Ziel, einen Plan. Sie aber, die Tochter aus der Vorstadt, in der Mama brav die Wäsche macht, verweigert sich genau dem. Fahrgast: „Was studierst du?“ – Alex: „Taxifahren.“

Einen ihrer Lover spielt der famose US-Schauspieler Peter Dinklage („Game of Thrones“), der als einziger Alex’ scheinbar unerschütterliche Coolness aufbricht. Diese absolut überzeugende Besetzung ist definitiv das Film-Highlight. Aber auch die Kollegen sind gut gecastet: Stipe Erceg ist Taxifahrer Dietrich, ein Künstler und Möchtegern-Intellektueller (und Alex-Lover Nummer zwei), der von Rüdiger (schwitzend, kleingeistig, mit Schnauzerschatten und in beiger Taxijoppe: Robert Stadlober) angehimmelt wird. Antoine Monot Jr. kultiviert als Fahrer, den sie „Taximörder“ nennen, das Tapsige, Seltsame. Leslie Malton ist als Ich-mach-dir-die-Wäsche-Mama überqualifiziert, und Armin Rohde hat einen erwartbar amüsanten Gastauftritt als betrunkener Fahrgast. Aber auch hier gilt: Wer Rohde als Bierchen aus „Kleine Haie“ oder als zwielichtigen Ermittler Erichsen aus der „Nachtschicht“ kennt, der will irgendwie mehr. Und das liegt eindeutig nicht an Armin Rohde. Es ist eher, als wolle sich in Kerstin Ahlrichs Regie die Summe der gar nicht schlechten Einzelteile einfach nicht zu einem überzeugenden Ganzen fügen.

Dazu gehört auch das Setting. Nachts. In Hamburg. In den 80er-Jahren. Es wird viel geraucht, viel geredet, viel geschwiegen. Gezeigt wird: ein vor allem leeres Hamburg. Irgendwie anonym, irgendwie konturlos. Nicht gänzlich uninteressant, aber wie mit angezogener Handbremse. Eine wirkliche Entwicklung gibt es nicht, eine wirklich sympathische Figur auch nicht. Im Buch funktioniert das alles genau so ganz wunderbar. Duves Roman erzählt das Leben flüchtig und unsentimental wie eine Taxifahrt. Sie fängt irgendwo an, sie hört irgendwo auf, die Fahrt ist nur ein Ausschnitt. Beim Film ist es ähnlich und doch anders: Wenn er vorbei ist, könnte er genauso gut noch weitergehen. Das würde nicht wehtun. Es wäre nur leider auch ein bisschen egal.

„Taxi“ Deutschland 2015, 97 Min., ab 12 Jahren, R: Kerstin Ahlrich, D: Rosalie Thomass, Peter Dinklage, Stipe Erceg, Robert Stadlober, Armin Rohde, täglich im Abaton, Blankenese, Koralle, Passage Internet: www.taxi-film.de