Ausgerechnet der Tag der Mittsommernacht ist der Tag des Schlafes. Japaner können über so was Entbehrliches nur lachen

Na? Schon wach? Wenn nicht, wird’s höchste Zeit. Schlaftag war gestern, heute ist Montag! Also aufstehen, bitte, und zwar dalli. Dass ein paar gute Leute, die sich um genügend Schlaf des Menschen sorgen, vor einigen Jahren ausgerechnet den 21. Juni zum „Tag des Schlafes“ erkoren, ist ja rührend, aber irgendwie auch ganz schön abgefeimt.

Keine Nacht ist kürzer als die Mittsommernacht, und in der tut man als kalendarisch quicklebendiger Mensch eigentlich sowieso kein Auge zu, schon gar nicht bei uns im Norden, wo die Mitternachtssonne ja fast schon bis nach Sylt scheint. Aber wer doch geschlafen hat in der Nacht zu gestern, gar am arbeitsfreien Sonntag selbst, der hat ein gutes Werk an sich getan.

Wir sind zwar (noch) nicht ganz so granatenmäßig chronisch unterschlafen wie die Japaner, bei denen Mitarbeiter der National Sleep Foundation aus den USA neulich an der Bettkante saßen, um zu ermitteln, dass sie im Schnitt sechs Stunden, 22 Minuten pro Nacht schlafen. Dabei ist das doch der reine Luxus in einer Volkswirtschaft, in der die Maxime „Fumin Fukyu“ gilt: Ohne Schlaf, ohne Pause.

Manche versehentlich müde werdende Japaner wenden dem fortgeschrittenen Bonding abgeguckte Handknottechniken an, um im Stehen im überfüllten Vorortzug den Kopf auf ihre Hände zu betten und kurz mal ins Traumland zu entschwinden. Aber dabei bleiben sie auf ihre eigene, unergründliche Art weiterhin absolut im Hier und Jetzt: „Inemuri“ nennt sich das Power-Napping auf Japanisch, das Schriftzeichen dafür kombiniert die Symbole für anwesend sein und Schlaf.

Darin liegt fraglos das Erfolgsgeheimnis der Japaner. Sie rufen innerlich auch im Schlaf ständig: Anwesend! – für ihren Konzern, für ihre Arbeit. Im Vergleich dazu sind wir Deutschen echte Ratzen vor dem Herrn. Nur ein Drittel von uns schläft weniger als sieben Stunden pro Nacht. Noch vertrauen wir dem Motto: Den Seinen gibt’s der Herr im Schlaf. Wir sollten uns dabei aber zügig stehende Positionen angewöhnen und dazu noch luzides Träumen lernen. Nur dann behalten wir den Anschluss.