Appen. Im Bürgerwald erinnern Rotbuchen, Ahorne und Zieräpfel die Einwohner an Taufen, Hochzeiten und Schulabschlüsse

Grün ist es, idyllisch: Eingebettet zwischen Kuhweide, Angelteich und einem Privatgrundstück liegt der Bürgerwald. Viele Appener haben eine ganz besondere Beziehung zu dem Gelände und den Bäumen, die hier seit 15 Jahren gepflanzt werden.

„Wir sind im ersten Sommer regelmäßig mit einem Kanister Wasser im Fahrradkorb zu unserem Bäumchen geradelt“, sagt Susanne Thon, die 2013 anlässlich ihrer Silberhochzeit von den Eltern ihres Mannes Dirk und ihrem Sohn Marco eine Rotbuche geschenkt bekam. „Es war ein schöner Moment, nicht alltäglich“, erinnert sich Susanne Thon. Die Baumpflanzaktion wurde mit Verwandten und Freunden gefeiert, es wurde sogar mit Sekt angestoßen. Thon sieht den Baum als Familiensymbol – zumal sie mit ihrem Mann vor zwei Jahren ihren Schwiegereltern eine Rotbuche spendiert hatte. Seit bald zwei Jahren geht Susanne Thon einmal in der Woche durch das Gehölz und wirft einen prüfenden Blick auf ihren Baum.

Inzwischen ist das Areal ausgelastet – Politiker diskutieren Erweiterung

Anlässe, sich durch einen Baum zu verewigen, gibt es in Appen offensichtlich genug: in Gedenken an einen lieben Menschen, zur Volljährigkeit der Tochter, zum Abitur, zum 36. Geburtstag des Onkels, zum 25-jährigen Bestehen der Städtepartnerschaft, zur grünen Hochzeit, zum Bundesverdienstkreuz und als Baum des Jahres, den die Gemeinde jedes Jahr gespendet hat. Als Bärbel Pein 1998 mit ihren damaligen 21 Grundschülern der Klasse 4c eine 2,50 Meter hohe Vogelbeere pflanzte, war sie nicht nur eine der ersten Baumpaten in dem Alleenwald. „Das war einmalig“, schwärmt die Lehrerin heute noch. Es sei eine ganz besondere Klasse gewesen, deshalb wollte sie keine Routine aufkommen lassen und nach jeder Abschlussklasse den Wald mit einem neuen Baum bestücken. Bis heute pflegt die 62-Jährige Kontakt zu den Eltern und ehemaligen Schülern. Durch den Baum sei die Erinnerung an diese Zeit beständig. Ansprechpartner für Bürger, die einen Baum im Bürgerwald pflanzen wollen, ist Peter Möller. Der Bauhofleiter trifft sich mit den Spendern, gibt Ratschläge zur Baumauswahl und besorgt den Hochstamm mit Ballen bei einer ansässigen Baumschule. „Wir möchten hier gern eine Vielfalt haben – vom Wildapfel über die Rotbuche bis zum Kugelahorn“, sagt Möller, der die Entstehung des Waldes fast von Anfang begleitet hat und das Engagement der Baumpaten schätzt. „Der Bauhof wässert natürlich auch. Aber wir begrüßen es, wenn sich die Bürger anfangs auch selbst kümmern“, sagt Peter Möller. Etwa 120 Euro kostet ein Bäumchen. 50 Euro kommen für ein Hinweisschild aus Acryl hinzu. Insgesamt fanden seit der Einweihung 1997 auf dem Areal 210 Bäume einen Platz.

„Etwas Bleibendes“ wollten auch Inge und Reimer Eck schaffen, als sie 2010 eine Roteiche für ihre Enkelin Sophie aussuchten und im Bürgerpark pflanzten. „Das ist ein netter Brauch“, so Inge Eck, die seit 45 Jahren in der Gemeinde wohnt und sich in Appen sehr wohlfühlt. Vor zwei Jahren kam ein Zierapfel für Enkel Anton dazu. Gern würden die Ecks auch für den jüngsten Spross der Familie, den ein Jahr alten Henry, ein Bäumchen pflanzen. Aber ob das klappt, ist fraglich. „Der Bürgerwald ist voll. Wir können keine Bäume mehr pflanzen“, sagt Appens Bürgermeister Hans-Joachim Banaschak.

Viele Appener schätzen den Bürgerwald und haben deshalb eine Erweiterung des Areals angeregt. Im Umweltausschuss der Gemeinde wurde eine Entscheidung in der Frage vorerst vertagt. Die Gemeindevertreter werden wohl erst im Herbst einen Entschluss treffen. Bürgermeister Banaschak ist gegen eine Erweiterung: „Das Projekt ist zu Ende. Ich sehe ein großes Problem: Wer pflegt den Wald? Das ist nicht gelöst.“ Bisher hat sich der Bauhof um die Pflanzaktion inklusive Pflege gekümmert, auch das Mähen der Wiesenfläche werde von dem Bauhofteam übernommen.

Egal, wie die Gemeindevertreter letztlich entscheiden, die Meinung von Susanne Thon steht fest. Sie ist ein großer Fan von „unserem Wald in unserem Appen“. Er sei identitätsstiftend und könne, wenn es nach ihr ginge, doch gern vergrößert werden.