Barmstedt/Elmshorn/Uetersen. Mehr als 1300 Jugendliche verlassen nun die Gemeinschaftsschulen im Kreis Pinneberg. Viele von ihnen sind gut vorbereitet auf den Start ins Berufsleben

Die Klingel tönt über den Schulhof, die große Pause ist vorbei. Jorden Lehmann und Domenic Wohlert kauen noch an ihrem Snack auf dem Weg in den ersten Stock, zum Mathematikunterricht. Ganz normales Schülerleben eben, mit dem jedoch, aller Voraussicht nach, in einem Monat Schluss ist. Jedenfalls für die meisten Schüler der Klasse 10d der Grund- und Gemeinschaftsschule Barmstedt.

Dort stecken Jorden und seine Klassenkameraden gerade mitten in den Abschlussarbeiten. In einem Monat wird die Klasse auseinander gehen. Mit den Abschlusszeugnissen für den mittleren Bildungsabschluss starten viele Jugendliche eine Ausbildung oder wechseln auf eine andere Schule, um sich auf das Abitur vorzubereiten.

Berufsorientierung spielt bereits in der Schule eine große Rolle

Wie fühlt sich das an, ein Schritt raus aus der gewohnten Umgebung, ein Schritt Richtung Zukunft? „Eigentlich ganz gut“, versichert Fredericke Stahmer. Die 16-Jährige hat ganz konkrete Pläne für die Zeit nach den Sommerferien und darüber hinaus: Erst einmal geht sie auf das berufliche Gymnasium nach Elmshorn, Schwerpunkt Wirtschaft. Die Bokelerin möchte ihr Abitur machen, dann als Maklerin arbeiten und selbstständig sein, wie ihre Eltern. Dass auf dem Wirtschaftsgymnasium alle Klassen neu zusammengewürfelt werden, findet sie gut, „das ist dann wenigstens für alle eine neue Situation“.

Auch Domenic und Jorden sehen ihrer Zukunft gelassen entgegen. Der eine hat einen Ausbildungsvertrag zum Altenpfleger in der Tasche, der andere wird Industrie-Mechatroniker. Beides Berufe, in die sie während ihrer Praktika bereits reinschnuppern konnten und die sie, wie sie sagen, ganz bewusst gewählt haben. Wie Fredericke Stahmer bleiben die beiden Jungs vorerst zu Hause wohnen. Alles ganz locker also? Jorden kommen leise Zweifel: „Ich weiß nicht so recht, ich brauche jetzt ein eigenes Konto, eine eigene Krankenversicherung, vielleicht einen Motorrad-Führerschein, damit ich besser zur Arbeit komme. Muss ich bei all dem jetzt plötzlich erwachsen sein?“

Praktika in Klasse acht und neun, Besuch der Ausbildungsmesse, das Üben von Bewerbungsschreiben: „Unsere Schüler werden heutzutage in vielerlei Hinsicht unterstützt“, sagt Anja Jebens, Biologie- und Chemielehrerin an der Grund- und Gemeinschaftsschule Barmstedt. „Es gibt viele Angebote, damit möglichst keiner ohne Ausbildungsplatz oder weitere Perspektive von der Schule abgeht.“

Ähnliche Unterstützung bietet auch die Boje C. Steffen-Gemeinschaftsschule in Elmshorn. „Berufsorientierungsmaßnahmen gibt es heute so viele wie nie zuvor“, sagt Wolfgang Neumann-Nielsen, stellvertretender Schulleiter und Kreisfachberater Berufsorientierung Kreis Pinneberg. „Trotzdem war die Orientierungslosigkeit unter den Schülerinnen und Schülern noch nie so groß.“ Vanessa Runge, Karin Harms, Marek Klisch, Klaas Rade und Julian Denger gehören jedoch nicht zu denen, die alles auf sich zukommen lassen. Anlagenmechaniker, Lebensmitteltechniker, Fluggeräteelektroniker, Ausbildung bei der Polizei, Abitur machen und dafür weiter zur Schule gehen – die 15- und 16-Jährigen freuen sich auf den nächsten Schritt. Angst haben sie keine. Karin bringt es auf den Punkt: „Warum sollte man vor etwas Angst haben, wenn man doch etwas vor sich hat, auf das man sich freuen kann?“ Auch Lukas Meißner hat allen Grund zur Freude. Und das, obwohl der 17-jährige Schüler des Ludwig-Meyn-Gymnasiums in Uetersen einen ganz anderen Weg geht, als seine Klassenkameraden. „Als es sich abzeichnete, dass ich wohl auch dieses Schuljahr sitzen bleiben würde, habe ich mich entschlossen, die Schule nach dem Sommer zu beenden“, erzählt der Moorreger. Den mittleren Bildungsabschluss hat er bereits geschafft. Das Gymnasium wird er verlassen, doch nicht ohne einen Plan. „Ich werde in einem Kindergarten in Uetersen ein Freiwilliges Soziales Jahr (FSJ) machen, da mir die Arbeit mit Kindern liegt und Spaß bringt.“

Nach dem FSJ möchte Lukas eine Ausbildung zum Erzieher beginnen. Seine Eltern, Andrea und Michael Meißner, unterstützen ihren Sohn und sind stolz auf ihn. „Wir finden es wichtig, dass er Befriedigung bei dem empfindet, mit dem er den größten Teil seiner Zeit verbringen wird, dem Beruf eben“, sagt Mutter Andrea Meißner. „Auch ohne Abitur hat Lukas eine gute Bildung genossen, die ihm keiner nehmen kann. Ich bin stolz darauf, dass mein Sohn seine Zukunft im sozialen Bereich sieht.“