Kiel. Der Landesrechnungshof sieht die Einhaltung der Schuldenbremse in Gefahr. Klarer Auftrag: Das Land soll seine Ausgaben reduzieren.

Der schleswig-holsteinische Landesrechnungshof hat die Haushaltspolitik der Regierung von Ministerpräsident Torsten Albig (SPD) massiv gerügt. „Das Land lebt erneut über seine Verhältnisse“, kritisierte Rechnungshof-Präsidentin Gaby Schäfer am Donnerstag in Kiel in ihren sogenannten Bemerkungen für 2015. Ohne eine deutliche Ausgabenreduzierung gerate die Einhaltung der in der Landesverfassung verankerten Schuldenbremse ins Wanken, warnte sie.

Die Opposition von CDU, FDP und Piraten sprach von einem finanzpolitischen Scheitern. Dagegen verteidigten Finanzministerin Monika Heinold (Grüne) und die Regierungsfraktionen die hohen Ausgaben insbesondere im Bildungsbereich.

Schäfer kritisierte, dass die Regierung die Haushaltskonsolidierung erneut in die Zukunft verschiebe - trotz voraussichtlicher Mehreinnahmen von mehr als 400 Millionen Euro in diesem Jahr. Statt 2018 solle das strukturelle Defizit erst 2020 auf Null gebracht werden. „Das ist der spätestmögliche Zeitpunkt für die Einhaltung der Schuldenbremse“, sagte Schäfer. Ihr Lob vom Vorjahr, als die Regierung noch 2018 angepeilt hatte, müsse sie wieder kassieren.

Das Land nehme trotz sprudelnder Steuereinnahmen erneut 262 Millionen Euro an Schulden auf. Seit 2012, dem Jahr von Albigs Amtsantritt, steigere Schleswig-Holstein seine Ausgaben überdurchschnittlich - allein in 2015 um 4,6 Prozent. Die bereinigten Ausgaben des Landes seien 2014 auf 124 Prozent des Standes von 2003 gestiegen. Im Bundesdurchschnitt seien es 123 Prozent und bei den Konsolidierungsländern lediglich 111 Prozent. Schleswig-Holstein gehört zu den Konsolidierungsländern. Die hohen Steigerungen könne sich das Land nicht leisten, betonte Schäfer.

Ein schlechtes Zeugnis stellte sie dem Land auch wegen der vielen kaputten Straßen und sanierungsbedürftigen öffentlichen Gebäude aus. Ein Beispiel: Für die Sanierung und den Erhalt der 658 Landesbrücken wären elf Millionen Euro im Jahr notwendig. Im Haushalt seien aber nur 3,4 Millionen Euro vorgesehen. Die notwendigen Investitionen würden nicht angegangen - im Gegenteil, die Investitionsquote solle 2016 erneut sinken, kritisierte die Rechnungshof-Präsidentin.

Auf die Situation an den Hochschulen ging sie ebenfalls ein. Um die geringen Einnahmen zu steigern, empfahl sie die Einführung von Studiengebühren zumindest für Langzeitstudenten. Ihre hohen Rücklagen von 150 Millionen Euro - zur Hälfte aus Hochschulpaktmitteln - sollten wegen des doppelten Abiturientenjahrgangs für die vorübergehende Aufstockung des Lehrpersonals genutzt werden.

Als „natürliche Verbündete“ für das Ziel Haushaltskonsolidierung bezeichnete Heinold die Rechnungshof-Präsidentin, wies aber deren Kritik zurück. Würde das Land wie gefordert die konsumtiven Ausgaben massiv kürzen, träfe dies Schulen, Polizei, Gerichte, Hochschulen, Vereine und Verbände. „Das aber würde unserem Land nicht gut tun, denn Haushaltskonsolidierung ist mehr als sparen. Es geht nicht nur darum, die schwarze Null möglichst schnell zu erreichen, sondern auch darum, sie dauerhaft zu erreichen.“ Das werde nur mit Investitionen in Bildung und Infrastruktur gelingen, „und genau das wird die Landesregierung weiterhin tun“, kündigte Heinold an. Ähnlich äußerten sich auch SPD und Grüne.

Heinold zeigte sich erfreut, dass der Landesrechnungshof den im Plan liegenden Stellen- und Budgetabbau anerkannt habe. „Denn der Personalabbau ist ein tragendes Element unserer Haushaltskonsolidierung.“

Dagegen sprach der CDU-Finanzexperte Tobias Koch von einer „schonungslosen Abrechnung des Landesrechnungshofes mit der Haushaltspolitik von SPD, Grünen und SSW“. FDP-Finanzexperte Heiner sieht der Landesregierung „ein denkbar schlechtes Zeugnis“ ausgestellt. Torge Schmidt von den Piraten resümierte: „Das war kein gutes Jahr für die Haushaltspolitik in Schleswig-Holstein.“

(dpa)