Aus dem Urwald direkt ins Gefängnis: Bei seiner Rückkehr aus dem Quartier der Nationalmannschaft wurde Helge Achenbach verhaftet. Ihm wird vorgeworfen, die Familie Albrecht (Aldi) betrogen zu haben.

Der Düsseldorfer Kunstberater Helge Achenbach, 62, ist festgenommen worden und sitzt in Untersuchungshaft. Grund seien Betrugsvorwürfe, bestätigte eine Sprecherin der Staatsanwaltschaft Essen am Mittwoch einen Bericht der „Bild“-Zeitung. Achenbach werde vorgeworfen, im Zusammenhang mit der Geldanlage und Beratung einer „im Wirtschaftsleben stehenden“ Essener Familie einen Betrug begangen zu haben. Nach Informationen von „Bild“ und „RP-Online“ handelt es sich dabei um die Familie des 2012 verstorbenen Berthold Albrecht (Aldi). Achenbachs Familie bestätigte die Verhaftung.

Laut Staatsanwaltschaft besteht der Verdacht, dass Achenbach Kunstobjekte zu weit überhöhten Preisen an den Geldanleger weitergegeben habe. Er war noch vor gut zwei Wochen im WM-Quartier „Campo Bahia“ der Deutschen Nationalmannschaft in Brasilien, wo er ein Kunstprojekt mit je sieben brasilianischen und deutschen Nachwuchskünstlern leitete. Nach Informationen der „Bild“ wurde er unmittelbar nach seiner Rückkehr am Dienstag nach Pfingsten festgenommen.

Es geht um Kunstwerke und Oldtimer

Seine Ehefrau Dorothee Achenbach weist die Vorwürfe zurück und gab gemeinsam mit den Rechtsanwälten ihres Mannes eine Erklärung ab. Hierin schreiben sie, Helge Achenbach habe keine Möglichkeit gehabt, sich „sachgerecht“ zu den Vorwürfen von Babette Albrecht, der Witwe des Unternehmers, zu äußern. „Die von Frau Babette Albrecht erhobenen Behauptungen beruhen offenbar auf rein persönlichen Motiven.“

Weiter heißt es: „Es ist hinlänglich bekannt, dass Herrn Achenbach und Herrn Berthold Albrecht bis zu dessen Tode eine engere freundschaftliche Beziehung verband. Herr Achenbach ist zuversichtlich, dass sich bei der weiteren Sachaufklärung herausstellen wird, dass die von Frau Babette Albrecht erhobenen Vorwürfe unberechtigt sind und Herr Achenbach Herrn Berthold Albrecht keinerlei Schaden zugefügt hat.“

Im Rechtsstreit geht es um Kunstwerke und Oldtimer, die Achenbach an Albrecht vermittelt hat. In der Erklärung wird darauf hingewiesen, dass die Objekte schon zu Lebzeiten eine erhebliche Wertsteigerung erfahren hätten und ihr Wert heute „um ein Vielfaches über den seinerzeit von Herrn Berthold Albrecht gezahlten Kaufpreisen“ läge.

Freundschaft mit Immendorff

Mit der Vermittlungstätigkeit zwischen Künstlern, Galeristen und Sammlern hat Helge Achenbach in den Siebzigerjahren einen Berufszweig etabliert, der bis dato in Deutschland praktisch unbekannt war. Der Sozialpädagoge und kurzeitige Leiter einer Galerie in Düsseldorf machte sich 1977 als Kunstberater selbstständig.

Mit guten Kontakten in die lokale Kunstszene um die Düsseldorfer Akademie – 1973 lernte Achenbach etwa den Maler Jörg Immendorff kennen und blieb ihm bis zu dessen Tod 2007 freundschaftlich verbunden – profitierte das junge Unternehmen von Kunst-am-Bau-Aufträgen für Konzerne wie die Klöckner-Werke in Duisburg, IBM und TUI, verschiedene Banken und Verbände. 1986 vermittelte Achenbach etwa zwei großformatige Gemälde von Gerhard Richter für den Eingangsbereich der Victoria Versicherung in Düsseldorf.

Achenbach verkaufte an Burda und Lunkewitz

Achenbach erwirbt auch Privatsammlungen und verkauft einzelne Konvolute weiter. 1987 kaufte er etwa 21 Richter-Gemälde aus der Sammlung von Günther Ulbricht für 1,75 Millionen DM und verkaufte sie weiter an zwei Sammler. Elf Arbeiten gingen an Frieder Burda und zehn an Bernd Lunkewitz. Fotografien der „Düsseldorfer Schule“ von Thomas Struth, Andreas Gursky, Candida Höfer oder Thomas Ruff, die 1991 in der Kunstsammlung NRW gezeigt wurden, verkaufte er an den Sammler Friedrich Christian Flick.

Im Rheinland wird Helge Achenbach spätestens während der Neunzigerjahre zu einem einflussreichen Macher über den Kunstbetrieb hinaus. Er steigt mit mehreren Restaurants in die Gastronomieszene ein, wird 1997 für fünf Jahre Präsident des Fußballvereins Fortuna Düsseldorf. 2011 entwickelt er ein Kunstkonzept für die Volkswagen AG und vermittelt auch die Partnerschaft von VW mit dem Museum of Modern Art in New York. Er hat mehrere Stiftungen gegründet und forciert zurzeit auf Lanzarote die Gründung einer Künstlerresidenz und eines europäischen Kulturfestivals.

Seit Pfingsten ist Helge Achenbach Untersuchungshäftling in der Justizvollzugsanstalt Düsseldorf. Solche Einrichtungen kennt er noch aus seiner Studentenzeit, allerdings von der anderen Seite der Zellentür. Vor 40 Jahren absolvierte er ein Praktikum in der JVA Siegburg.