Der Horster Meierei stand im April kurz vor dem Aus. Jetzt übernehmen Ökobauern den einzigen Milchbetrieb in Deutschland, an dem sich Konsumenten und Landwirte direkt beteiligen können.

Horst. Die Horster Meierei ist gerettet. Auf einer außerordentlichen Generalversammlung wurde die Fortführung als sogenannte Lieferanten- und Konsumgenossenschaft einstimmig beschlossen. Am Sonnabend unterzeichnete der neue Vorstand in dem Traditionsbetrieb an der Bahnhofsstraße die Absichtserklärung. Anschließend wurden die neuen Genossen durch die Meierei geführt und durften die Produkte „ihres“ Betriebes verkosten.

Die 123 Jahre alte Meierei an der Grenze zum Kreis Pinneberg stand im April vor dem Aus, weil sie immer mehr Lieferanten verloren hatte. Ende 2005 waren es 60 Bauern, 2012 nur noch 39. Nun haben Ökobauern aus den Kreisen Pinneberg und Segeberg die Genossenschaft übernommen und sie für Verbraucher geöffnet, um sich finanziell stabiler aufzustellen. Wer mindestens sieben Genossenschaftsanteile zu insgesamt einmalig 539 Euro erwirbt, kann mitbestimmen, wie sich die Meierei in den kommenden Jahren aufstellen wird. Soll nur Milch aus Weidelandhaltung verarbeitet werden? Welche anderen ökologischen Kriterien könnten künftig umgesetzt werden? „Wir sind im Herzen Ökobauern, aber bereit für Kompromisse“, sagt Achim Bock aus Lutzhorn, stellvertretender Vorsitzender. Denn der Betrieb müsse auch wirtschaftlich arbeiten und die Genossen hätten bei anstehenden Entscheidungen Mitspracherecht.

Bock und seine Kollegen Hans Möller aus Lentföhrden und Heino Dwinger aus Schmalfeld (beide Kreis Segeberg) hatten sich vor zwei Jahren zu „De Ökomelkburen“ zusammengeschlossen. Sie vermarkten ihre Milch, die sie nach den strengen Richtlinien des Bioland-Verbands produzieren, regional unter der Marke „Vier Jahreszeitenmilch“. „Wir haben unsere Milch hier in Horst abfüllen lassen und wissen um die gute Qualität der Meierei“, sagt Bock. „Darum engagieren wir uns auch so, um sie zu bewahren.“

Die Genossenschaft steht nun vor der großen Aufgabe, kurzfristig neue Lieferanten zu akquirieren. Für fünf Jahre ist die Milchlieferung durch eine Partnerschaft mit der Breitenburger Milchzentrale gesichert, die sechs Millionen Liter Milch jährlich von den Milchhöfen der Region einsammelt und anliefert. Damit muss die Produktionsmenge zunächst auf die Hälfte heruntergefahren werden. Aus der Belegschaft muss deswegen niemand entlassen werden. „Wir können die zehn Arbeitsplätze erhalten“, sagt der Vorsitzende Hans Möller. An der Spitze gab es jedoch einen Wechsel. Molkereimeister Maik Berger, seit acht Jahren für die Meierei tätig, wurde zum Betriebsleiter ernannt und löste Simon Pries ab. „Um langfristig wirtschaftlich bestehen zu können, müssen wir 14 Millionen Liter im Jahr verarbeiten“, sagt Möller. Das ist die Milch von etwa 2500 Kühen. Außerdem müssten die Preise nach oben korrigiert werden. Das bedeute besonders bei den Großhändlern Überzeugungsarbeit zu leisten. Der Einzelhandel hingegen setze schon verstärkt auf regionale Produkte, so Möller.

Die Meierei hat Frischmilch, Buttermilch, Sahne und Butter im Angebot. „Die nächste große Investition wird eine Abfüllanlage für Quark und Joghurt sein“, sagt Möller. Schon im Herbst sollen Großkunden damit beliefert werden. „Wir sind dabei, in den Archiven zu suchen und zu schauen, welche Rezepte wir wiederbeleben.“ Parallel zur konventionellen Milch wird weiterhin auch Biomilch der Vierjahreszeitenlinie vermarktet. Dafür haben die Ökobauern gemeinsam 200.000 Euro in zwei neue Tanks und Leitungen investiert.

„Wir wollen Landwirte und Verbraucher wieder an einen Tisch bringen, ohne den Großhandel dazwischen“, sagte Möller. Regionalität sei im Trend, zudem habe die Meierei mit ihrer traditionellen und schonenden Verarbeitung der Milch ein absolutes Alleinstellungsmerkmal im norddeutschen Raum. Die Traditionsprodukte müssten jedoch noch stärker beworben werden. Der Milchbauer erhofft sich auch einen positiven Werbeeffekt von Kunden, die Genossenschaftsanteile übernehmen. „Sie werden sicherlich in ihrem Umfeld für die Erzeugnisse Made in Horst werben.“

Dabei will zum Beispiel Uetersens Pastor Johannes Bornholdt helfen, der als Privatperson der Genossenschaft beitrat, weil er „leidenschaftlicher Milchtrinker“ sei und das Projekt seines Freundes Bock unterstützen wolle. Auch Jürgen Dammers aus Quickborn, Vorstand des BUND Kreis Pinneberg, und Hans-Peter Lohmann, Vorsitzender des Nabu Barmstedt, sicherten ihre Hilfe zu und wollen fleißig die Werbetrommel rühren. Und der Verein „Natürlich genießen“, der regionale Produzenten durch Netzwerkarbeit unterstützt, ist überzeugt vom modernen und gleichzeitig bodenständigen Konzept.