Unternehmertochter Marianne Dräger und 30 Fonds arbeiten unter dem Dach der Bürgerstiftung Stormarn, der kapitalstärksten Schleswig-Holsteins. Jetzt gibt es wieder Grund zur Freude.

Lübeck. Gutes zu tun ist offenbar ansteckend – zumindest im schleswig-holsteinischen Kreis Stormarn. Ein Beweis dafür ist die Bürgerstiftung Stormarn, die seit ihrer Gründung vor sieben Jahren kontinuierlich wächst und immer mehr Menschen dazu anstiftet, für gemeinnützige Zwecke Geld, Zeit und Ideen zu spenden.

Erst im Mai hatte die Organisation, in deren Stiftungsrat Persönlichkeiten wie Martin Freiherr von Jenisch (Gutsherr von Schloss Blumendorf) und der ehemalige schleswig-holsteinische Finanzminister Rainer Wiegard (CDU) sitzen, die Drei-Millionen-Euro-Grenze überschritten und wurde so zur kapitalstärksten Bürgerstiftung des Landes. „Wir freuen uns über jeden, der sich uns anschließt und den wir bei seinen Projekten unterstützen können“, sagt Christa Zeuke, ehemalige Kreispräsidentin und Vorstandsvorsitzende der Stiftung, unter deren Dach schon mehr als 30 Fonds sowie regionale Stiftungen vereint sind.

Jetzt gibt es wieder Grund zur Freude: Eine neue Bürgerstiftung in Tangstedt nördlich von Hamburg ist neben Großhansdorf, Ammersbek, Oststeinbek und Barsbüttel nun die fünfte regionale Einrichtung dieser Art, die mithilfe der Dachstiftung wohltätige Zwecke fördern wird. Rechtsanwalt Reinhard Mendel, mit Volkmar Jank und Ralf Eggers Gründungsmitglied der Tangstedter Institution, ist vom Stiftungsprinzip seit Langem überzeugt.

Der Zweite Stellvertreter des Stormarner Landrats ist Ratsvorsitzender der Sparkassen-Stiftung und im Beirat der Bürgerstiftung Stormarn. „Ich weiß, wie verantwortungsvoll dort gearbeitet wird und welche tollen Projekte auf den Weg gebracht werden können“, sagt Mendel, der diese positiven Erfahrungen nun auch für seine Heimatgemeinde nutzen möchte. Auf der Kinder- und Jugendhilfe soll ein besonderer Schwerpunkt liegen.

Doch Stiftungsarbeit ist auch eine Geduldsprobe, weiß Reinhard Mendel. „Der erste spürbare Erfolg wird sich vielleicht erst in 20 Jahren zeigen“, sagt er. Eine Stiftung fördert Projekte nämlich ausschließlich mit den Zinserträgen des Stiftungskapitals, im Tangstedter Fall sind das 25.000 Euro. Diese bleiben erhalten und können durch Zustiftungen erhöht werden. Mendel: „Wir haben den Anfang gemacht und hoffen, dass wir viele Bürger animieren können, uns mit Geld oder Ideen zu unterstützen. Damit unsere Gemeinde auch in Zukunft ein lebens- und liebenswerter Ort bleibt.“ Den Vorstand der Bürgerstiftung Tangstedt bilden Brigitte Schippmann, Winfried Wickler sowie der ehemalige Tangstedter Bürgermeister Hans-Detlef Taube. Obwohl sich Reinhard Mendel als Rechtsanwalt mit Kleingedrucktem bestens auskennt, haben er und seine Mitstreiter sich dazu entschieden, alle administrativen Aufgaben in die Hände der Bürgerstiftung Stormarn zu legen. Das sei vor allem für kleine Stiftungen eine große Hilfe. „Für den verwalterischen Aufwand verpufft sonst eine große Menge Energie, die wir viel sinnvoller nutzen können.“

Das ist übrigens der Hauptgrund für den Großteil der Stiftungsgründer, sich unter dem Dach der Stormarner Bürgerstiftung zusammenzufinden. Auch Renate Vorbeck, die 2010 die Bürgerstiftung Oststeinbek mitinitiiert hat, schätzt die Zusammenarbeit mit der Dachorganisation. „Wir profitieren von deren Erfahrung, werden rundum bestens betreut.“ Das Startkapital von 11.000 Euro ist durch Zustiftungen und Spenden auf 166.000 Euro angewachsen. Über rund 2000 Euro Fördergeld kann die Stiftung pro Jahr verfügen.

Bisherige Projekte waren unter anderem die Finanzierung von Nachhilfestunden, der Kauf von Instrumenten für das Schulorchester und die Unterstützung der „New Voices“-Konzertreihe, die Musiktalenten die Chance bietet, sich zu präsentieren. Musische Förderung, aber auch der Gedankenaustausch unter den Generationen ist Renate Vorbeck besonders wichtig. „Durch unsere Aktionen soll auch die Kommunikation miteinander gefördert werden. Wer die Wünsche und Bedürfnisse anderer kennt, weiß auch, wo Hilfe am nötigsten ist.“

Marianne Dräger, zweitjüngste Tochter des Lübecker Unternehmers Heinrich Dräger und seiner Ehefrau und Mäzenin Lisa Dräger, verbrachte ihre Kindheit und Jugend in einer großen Villa, war stets umsorgt und gut behütet. „Von diesem Glück will ich etwas an die Gesellschaft zurückgeben“, sagt die 59-Jährige. 2008 gründete sie mit einem Teil ihres Erbes gleich zwei Stiftungen: Mit der Dorothea-Stiftung unterstützt sie die Dorothea-Schlözer-Schule, ein Lübecker Berufsschulzentrum. „Das staatliche Fördergeld reicht für manche Schülerinnen und Schüler zwar zum Überleben, aber nicht zum Weiterkommen. Doch niemand sollte seine Ausbildung abbrechen müssen, weil er es sich nicht leisten kann.“

Die zweite Stiftung Marianne Drägers trägt ihren Namen. Sie fördert die Zwecke der Heimatpflege und -kunde, indem sie Projekte zur Geschichte Stormarns und der Hansestadt Lübeck unterstützt. Auch diese beiden Stiftungen sind unter dem Dach der Bürgerstiftung Stormarn zu Hause. „Ich habe großes Vertrauen in deren Arbeit und bin froh, dass sie mir die Organisation abnehmen. So kann ich mich auf das Wesentliche konzentrieren“, sagt Marianne Dräger, die vor einem Jahr zum zweiten Mal geheiratet hat. Kinder hat sie keine. Das sei auch ein Grund für ihr Engagement in der Stiftungsarbeit. „Dadurch kann ich meine Lebenserfahrung weitergeben, Spuren hinterlassen und – auch ohne eigene Kinder – Teil der kommenden Generationen sein.“