Verlobungsgarant oder oberflächliche Sex-App? Die Meinungen über das Dating-Netzwerk Tinder gehen stark auseinander. Was ist das Erfolgsgeheimnis der Smartphone-App – und wie funktioniert sie?

Die Dating-App Tinder ist in aller Munde: Nach eigenen Angaben nutzt bereits ein Prozent der gesamten deutschen Bevölkerung das Flirt-Programm – die Wenigsten geben das allerdings zu.

Denn auch wenn Tinder sich selbst gerne als „unterhaltsame Art, Freunde zu finden“ positioniert – das soziale Netzwerk hat den Ruf einer Plattform, auf der paarungswillige Singles schnellen Sex suchen. „Computer Bild“ zeigt Ihnen, wie Tinder funktioniert, warum es so erfolgreich ist und was an den Vorurteilen dran ist.

Flirten mit dem Facebook-Profil

Ein Tinder-Profil zu erstellen, ist kostenlos und ziemlich einfach. Die einzigen Voraussetzungen sind die kostenlose App für iOS, Android oder Windows Phone sowie ein Facebook-Profil, mit dessen Accountdaten Sie sich einloggen müssen.

Die Grundlage Ihres Flirt-Profils erstellt Tinder selbstständig: Ihr Facebook-Foto ist gleichzeitig das Tinder-Profilbild; zusätzlich fügen Sie auf Wunsch fünf weitere Bilder aus dem sozialen Netzwerk hinzu oder laden neue Fotos hoch.

Außerdem bedient sich die App bei Ihrer Facebook-Freundesliste, Ihrem Alter und Ihren „Gefällt mir“-Angaben. Entwarnung für alle, die lieber im Verborgenen flirten: Obwohl das Tinder-Profil mit Facebook verknüpft ist, bekommen Sie keinerlei Anzeigen oder Nachrichten von Tinder auf Ihre Timeline.

Zu guter Letzt müssen Sie der Dating-App noch den Zugriff auf die GPS-Daten Ihres Smartphones genehmigen – dann kann es losgehen.

Wisch und weg

Zunächst durchforstet Tinder Ihre Umgebung nach weiteren Nutzern. In welchem Umkreis das geschieht, entscheiden Sie selbst. Auch das gewünschte Geschlecht und das Alter ändern Sie jederzeit in den Einstellungen.

Sind die Parameter eingestellt, zeigt Ihnen die App eine ganze Reihe Bilder von meist jungen Männern und Frauen aus Ihrer Umgebung – mehr Informationen zu den Nutzern als das Foto, das Alter, die ungefähre Entfernung und gemeinsame Interessen – in Form von gemeinsamen „Gefällt mir“-Anzeigen auf Facebook – gibt es nicht.

Jetzt wird es ernst: Mit einem einfachen Wisch nach rechts (hot) oder links (not) entscheiden Sie, ob Ihnen die Person auf dem Foto gefällt oder nicht. Ist Letzteres der Fall, verschwindet die Person aus der Auswahl und wird Ihnen auch zukünftig nicht wieder angezeigt.

Glauben Sie, Ihre Herzdame oder den Traumprinzen gefunden zu haben – zumindest optisch–, wischen Sie nach rechts oder tippen alternativ auf das Herzsymbol. Der Clou: Die eingebaute Chatfunktion schaltet Tinder erst dann frei, wenn Ihr Darling Ihr Bild ebenfalls mag – passiert das nicht, gibt es keine Möglichkeit, Kontakt zu der auserwählten Person zu bekommen.

Mag der oder die Angebetete Ihr Profilbild auch, betont Tinder noch einmal unmissverständlich: „It’s a Match! Ihr steht aufeinander“. Danach wird im Chat geplaudert, weitere Bilder ausgetauscht oder sich im besten Falle verabredet.

Unkompliziert oberflächlich

Was erklärt den kometenhaften Aufstieg der App? Tinder hält nicht viel von psychologischen Auswertungen und Algorithmen, mit denen sich andere Dating-Portale brüsten. Hier geht es nur um Äußerlichkeiten, um Instinkte.

Sicher ist das oberflächlich, aber damit gleichzeitig auch unkompliziert: Sie müssen weder lange Lebensläufe lesen noch sich Gedanken um das eigene Profil machen. Und da Tinder zwangsläufig an Facebook gekoppelt ist, ist die Anzahl an Fake-Profilen eher gering – was aber nicht heißt, dass es jeder ernst mit Ihnen meint.

Viele Nutzer machen sich einfach nur einen Spaß daraus, möglichst viele Matches zu kassieren, ganze Wettbewerbe entstehen daraus. Eine Antwort auf Dating-Anfragen bekommen Sie trotz der hohen Nutzerzahl und vieler Matches nur in etwa der Hälfte aller Fälle.

Manche wollen nur schnellen Sex

Auch tummeln sich auf dem sozialen Netzwerk Leute, die relativ schnell klarmachen, dass sie von ausufernden Unterhaltungen wenig halten: Sie wollen Sex.

Entgegen dem Ruf der App ist aber sicher nicht jeder Nutzer permanent nur auf Höschenjagd, diesbezüglich ist Tinder definitiv nicht vergleichbar mit Apps wie Pure, bei denen es von vorn herein nur um Bettgeschichten geht.

Seien Sie trotzdem vorsichtig, wenn Anfragen für Treffen kommen: Sie wissen nie, wer wirklich am anderen Ende der Leitung sitzt. Belästigt ein Nutzer Sie zu stark, können Sie diesen jederzeit bei Tinder melden oder ihn einfach aus ihrer Match-Liste werfen.

Fazit: Ob Sie die Liebe Ihres Lebens wirklich mit einem Foto und einem Wisch nach rechts finden, ist fraglich – wer wirklich nach einer Beziehung sucht, sollte lieber Datingportale wie FriendScout24 aufsuchen und dort sein Glück versuchen. Wer die Erwartungen etwas herunterschraubt, hat mit Tinder aber viel Spaß – die App ist ideal geeignet, interessante Leute kennenzulernen, mit ihnen über die wichtigen und unwichtigen Dinge des Lebens zu quatschen und zu flirten. Und wer weiß: Vielleicht trifft Sie der nächste Match ja doch mitten ins Herz.

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Quelle: „Computer Bild“. Mehr Tests bei computerbild.de.