Tetje Mierendorf hat im Musical „Wunder von Bern“ gleich fünf Rollen übernommen

Wer kann schon von sich behaupten, dass die sicherlich peinlichste Rolle seines Lebens ihm das größte Glück brachte. Tetje Mierendorf kann es – und das mit großer Überzeugung. Dem Hamburger gelang nämlich mit der Sat.1-Produktion „Mein großer, dicker, peinlicher Verlobter“ vor zehn Jahren nicht nur der Durchbruch im Fernsehen, sondern viel mehr: Er lernte einen Menschen kennen, der sein Leben veränderte – seine Frau Cornelia.

Obwohl Mierendorf bei diesem Format nun wirklich nicht als liebenswerter Mann mit kleinen Fehlern rüberkam, gab es eine Frau, die sich seinem Wesen schon auf dem Bildschirm nicht entziehen konnte. Durch Zufall hatte sie in das Format am Morgen vor der Arbeit reingezappt. Und sich auf eine ganz besondere Weise angezogen gefühlt. „Interessant fand sie mich“, so beschreibt der 42-Jährige heute recht vorsichtig diesen Moment. Aber damit nicht genug: Die junge Frau schrieb sogar eine Mail an den Schauspieler. Dass diese Zeilen unter den vielen, vielen Briefen, die Mierendorf zu dieser Zeit erhielt, von ihm entdeckt wurden, grenzt an ein Wunder. „Ich habe etwa 1400 E-Mails von Frauen bekommen“, so der Künstler über die Wochen, in denen die Sendung ausgestrahlt wurde. „Die meisten wollten mir helfen. Mich irgendwie sozialisieren.“ Nur eine Mail habe nicht so geklungen. Deshalb stach für den Hamburger diese Zuschrift aus allen anderen hervor. „Und so habe ich spontan geantwortet und gefragt, ob wir uns nicht treffen wollen.“ Vor zweieinhalb Jahren wurde diese Liebesgeschichte mit der Geburt der gemeinsamen Tochter Emma gekrönt.

Sicherlich auch deshalb bereut der Hamburger die Zeit als großer, dicker, peinlicher Verlobter nicht. „Eigentlich hat es mir mehr Vor- als Nachteile gebracht“, sagt er. „Ich habe den Fuß in die Tür beim Fernsehen bekommen.“ Es folgten unter anderem Engagements bei Improvisationsformaten wie der Schiller Straße oder Frei Schnauze. „Da gab es wirklich eine Zeit, in der ich mich selbst fast jeden Tag irgendwo gesehen habe.“

Dabei hat die Karriere des hünenhaften Mannes in einer ganz anderen Branche ihren Ursprung genommen: Mierendorf ist ausgebildeter Sänger, hat viele Jahre lang als Musicaldarsteller gearbeitet. Seit Mitte der 90er-Jahre steht er deutschlandweit auf den unterschiedlichsten Bühnen, hat bei der „Rocky Horror Picture Show“ genauso mitgewirkt wie bei „Grease“, „Der kleine Horrorladen“, „Sister Act“ oder „Cats“. Das Imperial Theater auf dem Kiez war lange sein künstlerisches Zuhause.

Kein Wunder also, dass er derzeit bei Hamburgs neustem Werk „Wunder von Bern“ dabei ist. Das Besondere hier: Mierendorf hat fünf Rollen in sechs Kostümen – als Pfarrer genauso wie als Kriegsveteran, Fußballfan, Busfahrer und Reporter. Eine Herausforderung auch für den erfahrenen Darsteller. „Teilweise habe ich drei verschiedene Schichten übereinander an“, sagt er: „Und muss mich direkt nach einem Auftritt innerhalb von Sekunden bereits wieder umgezogen haben.“ Was auf der Bühne so entspannt aussieht, ist für Mierendorf harte Arbeit.

Riesige Freude bereite es ihm, jeden Tag auf die andere Seite der Elbe zu fahren. Acht Shows absolviert er pro Woche. „Wir haben ein tolles Team, da bringt jeder Tag Spaß.“

Besonders bewundere er bei diesem Stück die ganz jungen Darsteller. „Es ist faszinierend, wie professionell die schon arbeiten.“

Da gab es wirklich eine Zeit, in der mich selbst fast jeden Tag igendwo gesehen habe.