Die Kellnerin hat es nicht leicht. Es ist ein wenig wie in der legendären Bestellszene des Films „Harry und Sally“ – die Sache mit dem Extrateller–, nur in der Jetztzeit, also weit komplizierter.

Mein erster Tischgenosse zum Beispiel: Er lässt sich all jene Speisen aufzählen, die frei von Gluten sind – er fühle sich dann energetischer, erklärt er freimütig. Seine Nachbarin hingegen verlangt an diesem Abend mit großer Ernsthaftigkeit nach der völligen Abwesenheit von Nüssen in ihrem Gericht, ihre Nachbarin wiederum möchte auf Laktose verzichten. Dass ihr Partner nur Vegetarier, aber kein Veganer ist, führt zu einer Entspannung der Bedienung, das ist geübte Praxis.

Schließlich bin ich an der Reihe und sage, ich äße alles mit allem drin oder obendrauf – und fühle mich schrecklich altmodisch.

Ich selbst, das muss ich an dieser Stelle gestehen, bin tatsächlich noch ein Vertreter der aussterbenden Spezies der Allesesser. Ein Dinosaurier des Bestellwesens, der völlig unreflektiert allein nach Lust und Geschmack ordert, ohne bei jedem Bissen an anschwellende Hälse, Hautausschlag oder das Leben von Schlachtvieh zu denken. (Als Pennäler haben wir in der Pizzeria neben der Schule noch so halbwegs lustige Witze wie „Einmal Pizza Funghi ohne Pilze, bitte“ gemacht, heute wird das vermutlich ohne größere Nachfrage erfüllt. Dabei sind Pilze so eine Sache, ich sage nur: Schwermetall-Belastung.)

Auch in den Supermärkten gibt es zunehmend Ware, die damit beworben wird, etwas nicht zu haben (Fett, Gelatine, Aromen, Zucker, Alkohol, Geschmack). Dabei fällt ins Auge, dass gerade diese Lebensmittel interessanterweise häufig sogar mehr Geld kosten als jene Angebote, die noch mit Inhalt versehen sind.