Im Keller der Feuerkasse entdeckten Mitarbeiter der Versicherung alte Münzen. Experten halten deren Wert für „unbezahlbar“

Nicht nur auf Dachböden alter Häuser können erstaunliche Funde zutage kommen, sondern auch in Kellern großer Unternehmen. So staunten die Mitarbeiter der Hamburger Feuerkasse nicht schlecht, als sie in einem Pappkarton im Souterrain ihres Hauptgebäudes am Kleinen Burstah einen Schatz von enormer historischer Bedeutung entdeckten.

Neben Dokumenten und Urkunden wurden uralte Medaillen und Münzen gefunden. Experten halten den ideellen Wert für unbezahlbar. Die Fundstücke werden jetzt der Stiftung Hanseatisches Wirtschaftsarchiv übertragen.

Besonders spannend sind Verweise auf die Vergangenheit unserer Stadt. Natürlich liegt der Schwerpunkt auf der Brandbekämpfung. Die Feuerkasse, mit Gründungsdatum 1676 älteste Versicherung der Welt, fand eine „Feuer-Sprützen-Ordnung“ in einer 246 Jahre alten Buchausgabe. Das darin abgebildete Löschfahrzeug mutet abenteuerlich an.

Die Fakten gestatten einen präzisen Blick auf die damaligen Schutzmaßnahmen. Anno 1728 waren den 25 Feuerspritzen der Stadt, Stützpunkte der Feuerwehr, je zwei Kommandeure und Rohrführer sowie 16„Sprützen-Drücker“ zugewiesen. Die Zuständigkeit für einzelne Straßen und Plätze war akkurat aufgelistet. Zum aktuellen Fund zählen auch Kommandeursmarken aus Messing. Einstmals wurden sie mit Stolz und Verantwortungsbewusstsein getragen. Es ist ein kleines Wunder, dass sie bis heute erhalten blieben.

Dies gilt ebenfalls für Dankesmedaillen aus der Zeit des Großen Hamburger Brands von 1842. Vier Tage, vom 5. bis 8.Mai, hatte die Feuersbrunst gewütet und ein Fünftel der Hansestadt zerstört. 1100 Wohngebäude und 102 Speicher waren komplett niedergebrannt, 217 Gebäude beschädigt und 20.000 Bürger obdachlos. Spenden und Hilfsgüter kamen von überall: aus Nachbarstädten und anderen deutschen Regionen, aber auch aus Brasilien, Kuba und Mexiko.

Als Dankeschön vergab der Senat 806 Gramm schwere, handtellergroße Medaillen aus Weißmetall. Parallel ließen die Ratsherren eine kleinere Variante aus Bronze prägen. Auch sie gehören zum jetzt zufällig entdeckten Schatz. Auf der Vorderseite des größeren Modells ist die stehende Göttin Germania mit ihrem Füllhorn abgebildet, die der sitzenden Hammonia ihre helfende Hand reicht. Ebenso symbolische Bedeutung hat das Material dieser Medaillen: Es stammt aus dem Glockenmetall der abgebrannten Hauptkirchen St. Nikolai und St. Petri.

„Das Stöbern im Keller hat sich gelohnt“, sagt Christoph Prang im Namen der Hamburger Feuerkasse. Das aufgrund europarechtlicher Regelungen von der Stadt in eine Aktiengesellschaft umgewandelte und mittlerweile verkaufte Traditionsunternehmen hatte seinen Firmensitz seit 1894 an den Kurzen Mühren und zog 2004 in ein früheres Bankgebäude am Kleinen Burstah. Dort arbeiten 200 Mitarbeiter.

Dass ihre Vorgänger feste zu feiern verstanden, geht gleichfalls aus dem Inhalt des gefundenen Pappkartons hervor. Darin lagen nicht nur fast 170 Jahre alte Akten und Urkunden, sondern auch Fotoalben und Aufzeichnungen aus der Geschichte dieser Versicherung. Noch erstaunlich gut erhaltene Aufnahmen belegen ein fideles Betriebsklima in wahrlich nicht nur guten Jahren zwischen 1928 und 1955. Einige Bilder zeigen turbulente Darbietungen bei Betriebsfeiern oder Ausflügen, andere Tanzgruppen, Schwimmer bei Gymnastikübungen und eine Faustballmannschaft.

Die Feuerkasse beauftragte die Historikerin Barbara Günther, das alte Archiv sowie die neuen Fundstücke zu erfassen und zu katalogisieren. Ein Großteil wurde bereits der Stiftung Hanseatisches Wirtschaftsarchiv in den Räumen der Handelskammer übergeben; der Rest wird folgen. Dieses Archiv umfasst gut 700 laufende Meter und wird von Firmen genutzt, die ihre Wurzeln nicht vergessen haben und Zeugnisse der Vergangenheit erhalten und sicher deponieren wollen. „Die Unterlagen und Medaillen der Feuerkasse sind auch deshalb von hohem Seltenheitswert, weil es sich um eines der ältesten Hamburger Unternehmen handelt“, weiß Kathrin Enzel, die Geschäftsführerin der gemeinnützigen Stiftung. Auch sie freut sich über die materiell nur schwer schätzbaren, historisch indes unbezahlbaren Erinnerungsstücke.

„Dadurch wird die Geschichte unserer Stadt zum Leben erweckt“, sagt Christoph Prang. Der promovierte Germanist betrachtet den Kellerfund vom Kleinen Burstah nicht nur mit Interesse, sondern auch mit einem gepflegten Schmunzeln. Weil sein Unternehmen seit zehn Jahren in einem früheren Bankgebäude residiert, verfügt es natürlich auch über einen gewaltigen Tresorraum, der fast 30 Quadratmeter umfasst. Wie in einem alten Spielfilm lässt sich eine schwarze, 70 Zentimeter dicke Eisentür mit einem Spezialschlüssel und einem imposanten Drehrad öffnen.

Alle möglichen kleinen und großen Schätze sind hier gelagert. Die vielleicht wertvollsten, in jedem Fall erinnerungsträchtigen Gegenstände jedoch lagen in einem Pappkarton nebenan.

Dadurch wird die Geschichte unserer Stadt zum Leben erweckt.