Geschäftsleute geben auf. Ein Grund: zu hohe Mieten. Anwohner fürchten mangelnden Branchenmix

Geschäftsleute und Anwohner in Blankenese sind besorgt: Immer mehr Läden müssen räumen, einige schließen von sich aus. Viele fürchten, dass Blankenese an Attraktivität verliert, weil der Branchenmix nicht mehr stimmt. Aktuelles Beispiel ist das Traditionsgeschäft von Petra Lorger an der Blankeneser Bahnhofstraße 31. Das Unternehmen besteht seit 50 Jahren und bietet Mode, Schmuck und Accessoires. Lorger wurde jetzt nach acht Jahren fristgerecht, jedoch ohne Grund gekündigt. Bis Ende des Jahres muss sie ihren Laden räumen. „Ich bin enttäuscht über die Kündigung – und meine Kunden sind es auch“, sagt die 48-Jährige.

Kay Brahmst, einer der Geschäftsführer der Bruhn Immobilien Management GmbH, die Lorgers Boutique vermietet, sagt: „Wir haben nicht gekündigt, weil wir maximale Miete erzielen wollen, sondern weil das Ladenkonzept veraltet ist.“ Geschäftsfrau Lorger hält dagegen: „Eine schickere Fassade ist nicht entscheidend, sondern das Sortiment, das Preis-Leistungs-Verhältnis und natürlich die Beratung.“

Der Fall von Petra Lorger ist kein Einzelfall, die Fluktuation in Blankenese ist groß. Jüngster prominenter Fall: Mirja du Mont, Model und Ehefrau des Schauspielers Sky du Mont, betrieb ein halbes Jahr lang eine Boutique in Blankenese. „Als der Eigentümer wechselte, wurde meine Miete erheblich erhöht. Das war einer der Gründe, warum ich aufgab. Es ist schade, dass es immer weniger individuelle Läden in diesem Stadtteil gibt.“

Weitere Geschäfte, die in Blankenese schlossen: ein Computergeschäft, eine Filiale von Feinkost Lindner. Auch das Fachgeschäft Schuh Eggers gibt seine Filiale bald auf. Dem Fruchthaus Blankenese wurde ebenfalls gekündigt, es kam aber ein paar Häuser weiter unter. Mittlerweile dominieren Banken, Apotheken und Maklerbüros das Bild im Viertel. „Ein Stadtteil braucht aber auch kleinere Geschäfte“, sagt das Blankeneser Ehepaar Helga und Peter Wittig, beide 70.

Mark Böhle, Vorsitzender der Interessengemeinschaft Blankenese, in der sich Einzelhändler, Dienstleister und Grundeigentümer zusammengetan haben, sagt: „Ich denke, hier wird ein allgemeiner Strukturwandel sichtbar, der durch eine veränderte Nachfrage und neue Kaufströme sowie letztlich auch durch regionale Verschiebungen in der Altersstruktur hervorgerufen wird.“

Große Center, wie zum Beispiel das Elbe-Einkaufszentrum (EEZ), mit vielen Parkmöglichkeiten und einem breiteren Sortiment, seien natürlich eine Konkurrenz für Blankenese, sagt auch Bernard Gretemeier, Immobilienmakler im Stadtteil und dort auch Grundeigentümer. „Die Nachfrage nach Geschäftsräumen in Blankenese ist derzeit dünn“, weiß er. Allen müsse klar werden, „dass wir alle an einem Strang ziehen.“

Gretemeiers Vorschlag: Eigentümer, die nicht so hohe Mieteinnahmen durch etwa kleinere Läden erzielten, sollten einen Geld-Ausgleich für ihre geringeren Mieteinnahmen bekommen, durch einen Fonds, der zu schaffen sei. „Darin müssten dann alle Eigentümer freiwillig einen Betrag einzahlen. Das ist die einzige Chance, die Kaufkraft hier zu halten und zu steigern.“

Ina Würdemann, Blankeneses Quartiersmanagerin, betont, es gelte, Grundeigentümer und Einzelhändler „zu sensibilisieren, zu erkennen, dass ein attraktiver Branchenmix die Grundlage für den Erfolg jedes Quartiers ist. Hier gibt es ganz offensichtlich Defizite.“