Hamburger Geheimnisse Hier geht es um den Spott Georg Hulbes, der im wahrsten Sinne des Wortes in Stein gemeißelt ist – bis heute

Was hat der Esel da zu suchen? Wieso reitet auf seinem Rücken ein Mönch? Und weshalb wird das Tier von einem Narren geführt? So einige Fragen tun sich auf, wenn man das Relief am rechten Eck des Hulbehauses an der Mönckebergstraße betrachtet. Zumal man im Hintergrund dann auch noch den Hamburger Wasserträger Hummel entdeckt. Der Mönch ist auf Rache aus. Oder besser gesagt: der Auftraggeber des Hauses, der ihn anbringen ließ. „Mit der Ausgestaltung des Ornaments rächte sich Hausbesitzer Georg Hulbe an Dr. Rudolf Mönckeberg, mit dem er einen Rechtsstreit ausgefochten hatte“, sagt Historikerin Sybille Baumbach.

Der Reihe nach: Das Hulbehaus an der Mönckebergstraße wurde 1911 im Auftrag des aus Kiel stammenden Georg Hulbe (1851–1917) errichtet. „Hulbe war einer der führenden Kunsthandwerker seiner Zeit. 1880 kam er nach Hamburg und betrieb eine Werkstatt in St.Georg sowie einen Verkaufsraum in der Innenstadt“, erzählt Sybille Baumbach. Anfang des 20.Jahrhunderts habe der geschäftstüchtige Mann ein Kunstgewerbehaus eröffnet, dessen Raumangebot er 1911 mit dem Bau des Hauses in der Mönckebergstraße erweiterte.

Auch das Haus, das er bauen ließ, ist gewissermaßen ein Kunstwerk. „Hulbe wollte damit ein architektonisches Zeichen setzen, das sich gegen die großen Kontorhäuser, die beim Bau der Mönckebergstraße entstanden waren, künstlerisch absetzen sollte“, erklärt die Historikerin. Das im Verhältnis zu den Nachbarbauten geradezu verspielte Haus hat eine reichhaltige Ornamentik und einen Rundturm. Übrigens lohnt auch ein Blick nach oben: Auf dem Dach findet sich eine als Kogge gestaltete Wetterfahne, in der sich einst Dokumente befanden. „Darunter auch ein Brief Hulbes, in dem er seiner Sorge um die Zukunft der Kunst Ausdruck verlieh, in deren Gestaltung sich immer mehr Theoretiker einmischten“, erzählt Baumbach. „Nach einer Sanierung 1978 wurden die Dokumente dem Museum für Kunst und Gewerbe gegeben.“

Und was hat das nun alles mit dem Mönch und dem Esel zu tun? „Der Mönch soll Rudolf Mönckeberg darstellen, das war der Bruder des 1908 verstorbenen Bürgermeisters Johann Georg Mönckeberg, nach dem die Straße benannt ist“, sagt Baumbach. „Ein Mönch ist Teil des Familienwappens der Mönckebergs.“

Der damalige Staatsrat in der Finanzbehörde, Leo Lippmann, schreibt über Hulbes Streit mit Mönckeberg: „Er (Mönckeberg) war einer der schärfsten Gegner der Sozialdemokraten. (...) Dr. Mönckeberg hatte Anstoß daran genommen, daß in dem Schaufenster des Hulbe’schen Geschäftes (damals: am Alten Jungfernstieg) Zeichnungen des Malers Reznicek für den Münchner ,Simplicissimus‘ ausgestellt waren, die wenig bekleidete Frauen darstellten. Auf Grund der gerichtlichen Aussage Mönckebergs wurde Hulbe wegen Erregung öffentlichen Ärgernisses zu einer kleinen Geldstrafe verurteilt. Hulbe rächte sich dadurch, daß er an seinem neuen Geschäftshaus in der Mönckebergstraße ein Relief anbringen ließ: einen Mönch, der auf einem Esel einen Berg hinaufreitet.“ Das Relief in der Mönckebergstraße ist also Ausdruck purer Rachsucht. Aber schön ist es trotzdem.