Kleine Fluchten Das Herrenhaus Rensow in Mecklenburg entstand 1690 auf einem Gewölbe des Mittelalters. Wer hier zu Gast ist, bekommt Herzlichkeit gratis dazu

Schon von Weitem leuchtet die helle Fassade. Zwei ehrwürdige hochgewachsene Eichen spenden Schatten auf der weitläufigen Wiese. Hinter dem Haus grasen Schafe, gleich daneben wachsen auf eineinhalb Hektar alte Gemüsesorten wie rote und violette Kartoffeln, runde Karotten und verschiedene Kräuter. In Jeans, legerem Hemd und rustikalen Stiefeln gekleidet, öffnet Knut Splett-Henning die Tür und empfängt seine Gäste. Im Flur füllen Gläser mit selbst gemachter Marmelade, Holundersirup, eingelegtem Gemüse und verpackte Schafssalami ein hohes Holzregal. Eine Treppe führt zu den oberen Zimmern, geradeaus eröffnet sich der Blick über die Terrasse in den weiten Park. Im roten Salon haben Gäste den passenden Platz für einen Nachmittagskaffee gefunden.

Wilhelmine und Bendix laufen durchs Haus, hüpfen durch die Flügeltür auf die Terrasse und rennen auf der Wiese um die Wette. Der knapp zwei Jahre alte Balthasar schaut ihnen hinterher und spielt mit einem Kind der Gäste weiter.

Bei dem Event wird für Gäste und Nachbarn gekocht

Während die neuen Besucher die gute Luft, die weite Landschaft und das persönliche Ambiente des Gutshauses genießen, macht sich der Hausherr in der Küche ans Werk. „Ich koche gerne“, sagt der 44-Jährige. Gemeinsam mit den Besitzern von Schloss Lühburg, einem Herrenhaus in der Nachbarschaft, hat er das Programm „Zu Tisch bei Freunden“ ins Leben gerufen. Dann kochen die Gutsherren für ihre Gäste, und meist kommen Freunde aus der Umgebung dazu. Gegessen wird an einer großen Tafel. Dann werden Gutshaus-Geschichten ausgetauscht, und die Gäste lauschen gespannt und staunen darüber, wie ihre Besitzer nach Mecklenburg kamen und was aus den alten, meist ziemlich heruntergekommenen Häusern geworden ist.

Knut Splett-Henning und seine Frau Christina Ahlefeld-Laurvig lernten sich in Kopenhagen kennen und pendelten lange zwischen Hamburg und Dänemark hin und her. Über Verwandte in Mecklenburg entdeckte der Hamburger das Guthaus Rensow. „Es war der bäuerliche, schlichte Barockstil ohne Türmchen, der mir sofort gefiel“, erinnert sich Splett-Henning, der in London, Straßburg und Dubai in der Wirtschaft und für deutsche Botschaften tätig war. Die großzügigen Räume und der Park mit alten Obstbäumen gingen ihm nicht mehr aus dem Kopf.

Das Haus wurde 1690 auf einem Gewölbe aus dem Mittelalter errichtet. Der heutige Flügelbau im frühen Barockstil entstand ursprünglich als Fachwerkbau und wurde um 1850 solide gemauert und verputzt.

Knut Splett-Henning und seine Frau kauften das Haus 2002 von der Gemeinde kurz vor seinem Zusammenfall und sanierten es Stück für Stück. Sie fanden passende gebrannte Ziegel aus Lehm, um das Dach zu reparieren, und nutzten Bretter vom Dachboden, um die alten noch originalen Dielen auszubessern. Sieben Jahre später hatte ihre Wochenendbeziehung endlich ein Ende, und Rensow wurde ihr gemeinsames Zuhause. Inzwischen sind sie zu fünft.

Der barocke Saal beherbergt heute die Küche. „Das ist ein offener Raum, hier ist immer die Tür geöffnet“, sagt Christina Ahlefeld-Laurvig, die in der Modebranche tätig war und Hotels einrichtete. Knut Splett-Henning, der seit Jahren Antiquitäten sammelt, fand in Rensow ausreichend Platz für seine Stücke. Darunter sind beispielsweise eine Truhe aus der Renaissance und Schränke im gotischen Stil. Diese haben sie mit klassischen Ledersesseln kombiniert und die Wände in tiefen Rot-, Grün- und Violett-Tönen gestrichen. Für Gäste bieten sie im Gutshaus vier Apartments für zwei bis vier Personen an. Rund 200 Meter entfernt haben sie auch die Alte Schule Rensow saniert und dort zwei weitere Ferienwohnungen eingerichtet.

Inzwischen duftet das Essen aus der Küche. Gäste und Freunde finden sich ein, trinken auf der Terrasse ein erstes Glas Wein und genießen die Abendsonne. Auch Sonja Händen und Thomas Thouet mit ihrer Tochter Luisa sind darunter. „Es ist immer sehr gesellig hier, die Atmosphäre familiär und herzlich“, sagt die Berlinerin. Nach und nach stellt der Hausherr im roten Saal geröstetes Brot, Töpfe mit Roter Bete, Karotten, Kartoffeln, Schweinebraten, gebackenen Hühnern und kalter Rinderbrust auf den Tisch. Die lange Tafel in der Küche bietet Platz für alle.

Die Besitzer vom Gutshaus Rensow haben das inzwischen ausgezeichnete Netzwerk Mecklenburger Parkland ins Leben gerufen, um den Landstrich zwischen Seenplatte und Ostseeküste bekannter zu machen. Sie tauschen sich aus, organisieren Führungen für ihre Gäste, damit diese noch andere historische Häuser und Parkanlagen kennenlernen können. „Die Häuser ergänzen sich gut, und ganz nebenbei sind wir gute Freunde geworden“, sagt Knut Splett-Henning, der Mecklenburg nicht mehr missen möchte.