Volksbegehren „G9-Jetzt-HH“ läuft. Die Initiative muss bis 8. Oktober 63.000 Unterstützer finden

Seit Tagen sind die Plakate der G9-Initiative am Straßenrand zu sehen. „Lasst uns mehr Zeit zum Lernen und Leben!“, lautet das zentrale Argument der Kampagne zur Wiedereinführung des längeren Wegs zum Abitur am Gymnasium (G9) aus Schülersicht. Am 18. September startete die Elterninitiative „G9-Jetzt-HH“ um Gründerin Mareile Kirsch das Volksbegehren. Bis zum 8.Oktober muss sie 63.000 Unterschriften sammeln.

Die Initiative fordert die Bürgerschaft auf, „das neunjährige Gymnasium unverzüglich wieder einzuführen“. Der CDU-Schill-FDP-Senat hatte 2002 beschlossen, den achtjährigen Bildungsgang an allen Gymnasien zu starten. Die ersten G8-Abiturienten verließen 2010 die Schulen. Die G9-Initiative will jetzt ein Elternwahlrecht zwischen G8 und G9 schaffen. „Nach dem jahrelangen Zwang zu G8 wollen wir keinen neuen Zwang ausüben“, sagt Kirsch.

Das Wahlrecht zwischen beiden Bildungsgängen soll nach dem Willen der Initiative „für alle Eltern an allen Gymnasien“ gelten. Die Eltern sollen die Entscheidung einmal treffen – bei der Anmeldung des Kindes für Klasse fünf. Vorgesehen ist eine Übergangsregelung für die Schüler, die bei Wiedereinführung von G9 in den Klassen fünf, sechs oder sieben des G8 sind. Sie sollen zum G9 wechseln können.

Kirsch und ihre Anhänger setzen darauf, dass die Bürger ihr Anliegen unterstützen – die meisten Verbände und Parteien in Hamburg stellen sich jedoch gegen eine Rückkehr zum neunjährigen Gymnasium. Eltern-, Lehrer- und Schülerkammer sowie die Schulleiterverbände haben dem Vorhaben schon früh eine Absage erteilt. Auch wenn Bürgerschaftsparteien wie SPD und Linke ursprünglich große Vorbehalte gegen die verkürzte Schulzeit hatten, sind sie nun gegen eine erneute Reform zurück zu G9.

Die FDP wirbt dafür, G8 zu verbessern, anstatt G9 wieder einzuführen. Auch die CDU unterstützt das Volksbegehren nicht, war aber auf die Initiative zugegangen und hatte in Aussicht gestellt, dass die Schulen selbst entscheiden sollten, ob sie bei G8 bleiben oder auf G9 umsteigen wollen. Als prominenter Vertreter der Hochschulen lehnt Universitätspräsident Dieter Lenzen eine Rückkehr zu G9 ab.

Die Initiative „G9-Jetzt-HH“ weiß vor allem den Deutschen Philologenverband an ihrer Seite. Verbandschef Heinz-Peter Meidinger wirbt seit Längerem für eine Rückkehr zu G9. Das „Turbo-Abi“ nach acht Jahren sei nie in der Mitte der Gesellschaft angekommen. Unterstützung erhält die Initiative auch von Teilen der Wirtschaft. Der Vorsitzende des Bankenverbands Hamburg, Marcus Vitt, hat sich deutlich gegen G8 ausgesprochen. Der Bildungsforscher Klaus Hurrelmann glaubt nicht, dass G8 in den westdeutschen Flächenländern langfristig eine Zukunft hat.

Die Handelskammer ist jedoch gegen eine Rückkehr zu G9. „Die Verkürzung der Gymnasialzeit auf acht Jahre entsprach dem lang gehegten Wunsch der Wirtschaft, die Lebensarbeitszeit der Arbeitnehmer angesichts des demografischen Wandels zu verlängern. Dazu stehen wir nach wie vor“, sagt Handelskammer-Hauptgeschäftsführer Hans-Jörg Schmidt-Trenz. Eine Rückkehr zu G9 würde Hamburgs Schulen über Jahre lähmen und von der zentralen Aufgabe einer Verbesserung der Unterrichtsqualität ablenken.

Schützenhilfe erhalten Parteien und Verbände von einer Gruppe mit dem Namen „Schulfrieden“. Die Gruppe vorwiegend aus Eltern und einigen Lehrern hatte sich eigens gegründet, um der Kirsch-Initiative in der öffentlichen Diskussion Paroli zu bieten.