Zu seinem 66-jährigen Bestehen lässt das Hamburger Abendblatt eine Medaille fertigen. Unsere Leser können sie erwerben

Das Motiv ist vorgegeben, aber wie er es gestaltet, bleibt ihm überlassen. Einen Zeichenstift braucht Mathias Kahmke dafür nicht, er sitzt am PC und entwickelt eine Silhouette, die es genau genommen so nicht gibt, die aber trotzdem sofort als Hamburger Skyline zu erkennen ist: Elbphilharmonie, Hochhäuser am Hafen, Michel, Fernsehturm, Kräne. Mit wenigen Linien hat er die markanten Elemente des Stadtbildes herausgearbeitet und auf einen signifikant vereinfachten Nenner gebracht.

Direkt darunter legt er den Abendblatt-Schriftzug und den Hinweis auf die Sonderprägung und deren Anlass. Auch die andere Seite der Medaille hat der Graveur am Bildschirm bearbeitet, hier blieb ihm freilich wenig Spielraum, denn sie zeigt das Stadtwappen mit dem Gorch-Fock-Zitat „Mit der Heimat im Herzen die Welt umfassen“ genau so, wie sie Tag für Tag im Kopf des Abendblatts gedruckt wird.

Er lehnt sich zurück und betrachtet auf dem Bildschirm das vielfach vergrößerte Motiv der Medaille, die später einmal einen Durchmesser von 30 Millimetern haben wird. „Das ist ein Graustufenbild, mit dessen Daten später die Graviermaschine ‚gefüttert‘ wird“, sagt der Graveur und erklärt, dass es insgesamt 255 verschiedene Graustufen gibt. Mathias Kahmke ist Mitarbeiter der Hamburgischen Münze, bei der die Goldmedaille zum 66. Geburtstag des Hamburger Abendblatts geprägt wird. Die äußerlich eher unscheinbare Firma in Rahlstedt hat eine lange Tradition und gehört zu den insgesamt fünf deutschen Münzstätten, in denen die Euro-Münzen, zugleich aber auch zahlreiche Sonder- und Sammlermünzen sowie Medaillen zu ganz unterschiedlichen Anlässen hergestellt werden.

Eine halbe Unze wiegt die aus 999er-Gold bestehende Medaille, die am 14. Oktober ausgegeben wird. Aber bis dahin ist noch viel zu tun, erst einmal muss eine Patrize hergestellt werden, bei der es sich um die Urfassung der späteren Prägewerkzeuge handelt. Dafür wird das Graustufenbild von der Graviermaschine in ein Werkzeug aus ungehärtetem Spezialstahl eingefräst. Jede der 255 Graustufen legt eine ganz bestimmte Reliefhöhe fest. Wenn dieser mit enormer Präzision durchgeführte maschinelle Vorgang beendet ist, prüft Mathias Kahmke das Ergebnis und arbeitet die feinsten Details noch einmal manuell nach. Anschließend wird der Stahl gehärtet, wobei er zunächst stark erhitzt und anschließend sehr schnell abgekühlt wird. Nun polieren Stempelschleifer die Oberfläche per Hand, bevor diese mit Tesafilm überklebt wird.

Mit kaum vorstellbarer Genauigkeit schneidet ein Mitarbeiter jetzt jene Stellen aus, die später matt erscheinen sollen. Damit dieser Effekt eintritt, werden sie in einer Spezialvorrichtung sandgestrahlt. Die anderen, vom Tesafilm bedeckten Flächen werden später glänzen. Damit ist die Patrize fertig, jetzt kann sie der Herstellung der eigentlichen Prägewerkzeuge dienen. Im sogenannten Kaltsenkverfahren wird die Patrize dafür mit dem gewaltigen Druck von etwa 200 Tonnen in die Stempel eingeprägt, wobei aus einem Positiv ein Negativ entsteht. Anschließend müssen die Stempel noch gehärtet werden. Zunächst findet dann eine Probeprägung statt, wenn deren Ergebnis überzeugt, kann die Prägung beginnen. Bei den Zwei-Euro-Münzen, die hier routinemäßig gefertigt werden, geschieht das automatisiert und maschinell. Die Abendblatt-Goldmedaille wird dagegen weitgehend per Hand geprägt. Eine Mitarbeiterin legt die Rohlinge aus Gold in die Maschine, die die Prägung mit Ober- und Unterstempel vornimmt, und überprüft anschließend das Ergebnis. „Für die 1000 Stück der gesamten Auflage rechnen wir mit etwa einer Woche Arbeitszeit“, sagt Ralph Thiemann, der Leiter der Hamburgischen Münze, der auch ein Detail erklärt, durch das sich die Abendblatt-Medaille von einer Hamburger Münzprägung unterscheidet: „In Deutschland gibt es fünf Münzstätten, deren Münzen jeweils an einem Buchstaben zu erkennen sind. Berlin hat A, München, D, Stuttgart, F, Karlsruhe G und Hamburg J. Doch diese hoheitlichen Prägebuchstaben dürfen laut der deutschen Medaillenverordnung nur für Münzen und nicht für Medaillen verwendet werden“, sagt Ralph Thiemann.

Dennoch lässt sich erkennen, dass die Abendblatt-Goldmedaille in Hamburg geprägt worden ist: Es ist die kleine stilisierte Burg, die auf der Vorderseite der Medaille ganz unten zu sehen ist und bei der es sich um das Hamburger Münzmeisterzeichen handelt.

Für die 1000 Stück der gesamten Auflage rechnen wir mit etwa einer Woche Arbeitszeit.