Auf Landesebene halten Unternehmen und Politik weiter engen Kontakt

Berlin. Bis vor kurzer Zeit war Andrej Zwerew kein Mann, der sich besonders um das politische Bild seines Landes sorgte. Als Handelsgesandter Russlands ist er so etwas wie die Nummer zwei der diplomatischen Vertreter in Deutschland. Für ihn waren die deutsch-russischen Beziehungen stets „exzellent“, wie er sagt. Exzellent deshalb, weil die Geschäfte mit Deutschland immer brummten.

Seit sich mit der Krim-Annexion im März 2014 die Beziehungen drastisch änderten, ist es einsam um Zwerew geworden. Die Sanktionen und Gegensanktionen haben das Geschäftsklima mit Russland deutlich beschädigt. Verlassen wirkt der monumentale Ostflügel der russischen Botschaft, der komplett Zwerews Abteilung – eine Art Botschaft des russischen Wirtschaftsministeriums – untersteht. „Die Embargos bringen ganze Wertschöpfungsketten zum Erliegen“, sagt Zverev. „Auf beiden Seiten entstehen nicht nur Kosten für Unternehmen, sondern auch Ausfälle für den Zoll und stärkere Belastungen für die Sozialsysteme, wenn die Geschäftsleute pleitegehen.“

Weil kein entspannter Dialog mit der Bundesregierung mehr möglich ist, setzt die russische Botschaft jetzt eine Etage tiefer an – bei den Bundesländern. Das wohl bekannteste Engagement der russischen Botschaft ist bisher der „Russlandtag“ in Mecklenburg-Vorpommern. Die Veranstaltung steht unter der Schirmherrschaft von Ministerpräsident Erwin Sellering (SPD). Gastsprecher ist Altkanzler Gerhard Schröder. Doch auch in anderen Bundesländern wird die russische Botschaft aktiv. „Wir planen auch in Thüringen und in Baden-Württemberg Russlandtage“, sagt Zverev.

Beide Länder pflegen regen Austausch mit Russland. Baden-Württemberg unterhält noch immer eine „Gemischte Arbeitsgruppe“ mit seiner russischen Partnerregion Swerdlowsk. Voraussichtlich im Winter wird eine Delegation nach Russland reisen. Auch die thüringische Landesentwicklungsgesellschaft reist nach Russland, um die Beziehungen mit ihrer Partnerregion Tatarstan auszubauen. Beide Länder wollen die Gesprächskanäle mit Russland offenhalten, sie sprechen nur nicht gerne darüber. Nicht in diesen Zeiten.

Für diese pragmatische Art der Beziehungspflege in Zeiten von Sanktionen haben die Länder gute Gründe. Thüringen fürchtet einen Ausfall von 100 Millionen Euro durch die Handelsembargos. Und es wird auch Kritik an Berlin laut. Denn die Länder verstehen sich auch als Anwälte der örtlichen Unternehmen. Und für viele Firmen ist unklar, was sie eigentlich nach Russland liefern können und was nicht. Denn die Ausfuhr von Waren, die möglicherweise auch militärisch genutzt werden könnten, sogenannte Dual-Use-Güter, fällt unter die EU-Sanktionen. Doch es gibt keine Liste, auf der solche Güter klar definiert werden.