Abendblatt-Redakteur Berndt Röttger fährt mit „QM 2“ nach New York und beschreibt, wie er das Auslaufen des Schiffs erlebte

Was für ein Abschied. Was für eine tolle Stadt. Welch einmalige Stimmung. Bis Sonnabend hätte ich mir – wie wohl die meisten Menschen in dieser Stadt – niemals vorstellen können, dass es so schön sein kann, Hamburg zu verlassen. An Bord der „Queen Mary 2“ im Sonnenuntergang ganz langsam auf der Elbe auszulaufen – das ist definitiv die mit Abstand schönste Art und Weise, von Hamburg Abschied zu nehmen. Natürlich nur für einen kurzen Urlaub!

„Wenn ich einmal im meinem Leben eine Kreuzfahrt machen sollte – dann möchte ich mit der ,Queen Mary 2‘ über den Atlantik fahren.“ So oder ähnlich muss der Satz gelautet haben, den ich in den vergangenen Jahren immer mal wieder gesagt habe. Den Klassiker der Atlantiküberquerungen. Ein bisschen wie all die Auswanderer, die von Hamburg aus ihr Glück suchten. Eine Reise wie aus einer anderen Zeit.

Die Zeit von Einchecken am Nachmittag um 15 Uhr (was für mehr als 2500 Gäste an Bord übrigens sehr schnell ablief) bis zum Auslaufen um 21.20 Uhr verging wie im Fluge – es gibt wahnsinnig viel zu entdecken an Bord. Eine Joggingstrecke auf Deck 7 rund um das 345 Meter lange Schiff etwa. Meine Frau ist begeistert – sie wird die Strecke nach New York wahrscheinlich zu einem großen Teil laufen. Der höchste begehbare Punkt des Schiffs ist auf Deck 14. Die Plattform befindet sich vor dem großen Schornstein der „Queen Mary 2“ – da steht man in 50 Meter Höhe über den meisten Dächern der Stadt.

Die Stimmung an Bord zeichnet sich vom ersten Augenblick an durch eine entspannte, ruhige Atmosphäre aus. Den Start der langen Reise bemerkt man im ersten Augenblick gar nicht. Der majestätische Koloss bewegt sich zentimeterweise, geräuschlos, rucklos, fast schwebend die Elbe hinab. Als die ersten Menschen bemerken, dass wir fahren, geht ein Raunen über das Deck – und unten vom Kai am Unilever-Haus hört man lauten Jubel. Die Menschen stehen dicht gedrängt – von der HafenCity bis Blankenese. Wir stehen nicht nur auf dem höchsten Punkt des Schiffs, es fühlt sich auch so an, als würden wir die ganze Stadt überragen. Unter uns liegt ein Miniatur-Wunderland. In der Glasfassade der Elbphilharmonie spiegelt sich das Rot, Schwarz und Weiß der langsam vorbeiziehenden „Queen“. Auf dem Kleinen Grasbrook wird Feuerwerk abgeschossen. Das erste von sechs Feuerwerken bis zum Airbus-Gelände.

Ein Meer von Booten und Schiffen bewegt sich aufgeregt um die „Queen Mary 2“. Sind es Dutzende oder gar Hunderte von Booten, die uns die Elbe hinab begleiten? Ich kann sie nicht alle zählen. Es kommen immer wieder neue dazu. Bis Wedel begleiten uns die Schiffe. Die Menschen winken, leuchten mit Taschenlampen und Laternen. Von Bord der kleinen Schiffe ebenso wie von Häusern und Wegen am Elbufer.

„Allein für diesen unbeschreiblichen Abend hat sich schon die ganze Reise gelohnt! Der Abend macht die Reise einmalig“, sagt die Frau an meiner Seite. Wie könnte ich ihr widersprechen? Auf der Terrasse und den Balkonen des Hotels Louis C. Jacob an der Elbchaussee stehen dicht gedrängt Menschen, schwenken Lichter und singen „Rule Britannia“. An einigen Fenstern stehen Hotelgäste und schwenken große weiße Handtücher (oder vielleicht waren es auch Bettlaken?). Das sind Szenen, die unter die Haut gehen – und unvergessen bleiben.

Gegen 2 Uhr in der Nacht passiert die „Queen Mary 2“ Cuxhaven. Die meisten Menschen an Bord schlafen. Immer noch ist es karibisch mild. Einige Verrückte, die den Zauber dieses sanften Abschieds so genießen wie ich, sitzen immer noch in den Deckchairs und blicken in die Nacht hinaus.

Am nächsten Mittag um 12Uhr meldet sich der Kapitän mit seiner täglichen kurzen Ansprache von der Brücke. Längst befinden wir uns vor der niederländischen Küste. Er gibt – wie es üblich ist – ein paar Infos zum Tag, und vor allem blickt er an diesem Mittag zurück. „Das war ein ganz besonders faszinierender Abend auf der Elbe“, sagt Kapitän Chris Wells. Und: „Es gibt keinen Hafen auf der ganzen Welt, der so bewegend, so wunderschön Farewell sagt wie Hamburg.“

Wie wahr, Kapitän!

Es gibt keinen Hafen auf der ganzen Welt, der so bewegend, so wunderschön Farewell sagt wie Hamburg.