Eva Osterholz stellt besondere Geschmacksrichtungen her. Feinkosthändler und Spitzengastronomen sind begeistert

„Mord im Orient“. „Josephine Baker in Bollywood“. „Himbeerfelder für immer“. Was wie die Titel von Romanen klingt, regt nicht die Synapsen des Gehirns beim Lesen an, sondern die Geschmacksnerven. Mal scharf, mal fruchtig. Mal grobkörnig, mal feiner gemahlen. „Beim Entwickeln einer Rezeptur komme ich auf die Namen der Sorten“, sagt Eva Osterholz. Die 39-Jährige freut sich, wenn jemand ihren Senf zur Wurst oder zum Brot gibt. Senf Pauli. Vor sechs Jahren gründete sie das gleichnamige Unternehmen, seitdem geht es stetig bergauf.

„Ursprünglich war das mal eine Freizeitbeschäftigung, der ich abends nachgegangen bin“, sagt sie. In ihrer Wohnung auf St. Pauli wehte immer mal wieder der Geruch von Hopfen und Malz aus der Holsten-Brauerei herüber. Da entstand bei ihr die Idee, einen Senf mit Astra-Bier zu machen. Bei Freunden und Bekannten kam er gut an, sie nannte ihn Senf Pauli – was heute auch für Produkte aus umweltbewusstem lokalem Idealismus steht. Damals arbeitete die Magister-Soziologin noch in der Weiterbildung, stellte aber für sich fest: „Ich möchte machen, was mir Spaß macht.“ Sie kündigte ihren Job und nahm eine Teilzeitstelle an. Um 4.30 Uhr stand sie auf, verkaufte vormittags Biobrot und sammelte nachmittags alle Informationen, die sie für die Gründung der eigenen Firma und die Herstellung von Senf brauchte.

Zunächst nutzte sie die Küche eines Restaurants in Ottensen. Dort tüftelte sie an neuen Sorten. „Zu einem Ziegenkäse wollte ich einen fruchtigen, nicht zu scharfen Senf haben.“ Sie kreierte „Himbeerfelder für immer“, die einen kräftigen Fruchtgeschmack haben. Weil sie gern asiatisch isst, entwickelte sie einen Senf mit Curry und frisch pürierten Bananen – „Josephine Baker in Bollywood“. „Mord im Orient“ ist chutneyartig, mit pürierten Feigen, Rosinen, Ingwer und Zimt.

Am Anfang eines Senflebens steht die Maische. Die weiße und die deutlich schärfere schwarze Senfsaat werden in der Mühle vorgemahlen, für die jeweilige Sorte gemischt und mit Flüssigkeiten vermengt. Hinzu kommen Wasser und Essig, der für den Geschmack und die Haltbarkeit sorgt. Gewürze, Zucker und Salz sowie die maßgeblichen Zutaten wie Himbeeren oder Bananen werden beigefügt. Auf künstliche Zutaten verzichtet sie.

Der überwiegende Teil der Zutaten stamme aus Bioproduktion. „Die Qualität ist entscheidend. Bio ist geschmacklich nicht immer das Beste“, sagt Osterholz. Zwei bis vier Wochen muss der Senf in zehn Liter fassenden Behältern reifen. Dann wird er per Hand mit der Abfüllmaschine in die 110Milliliter fassenden Gläser gefüllt, die zum Abschluss etikettiert werden. Zwar werde Senf nicht schlecht, aber das Aroma verflüchtige sich. Licht und Wärme griffen die wichtigen Senföle an, die Fette in Magen und Darm aufspalten. Je frischer er verzehrt wird, umso besser schmecke er. Bis ein neuer Senf auf den Markt kommt, vergeht übrigens mindestens ein Dreivierteljahr. „Wir beobachten die Senfe monatelang, wie sich die Schärfe entwickelt.“ Auf Messen stellte die Firmenchefin ihre Produkte vor. Erste Geschäfte nahmen ihren Senf ins Sortiment, sie baute eine eigene Website auf, Medien berichteten über das Unternehmen. „Die meisten Händler sind auf uns zugekommen“, sagt Osterholz.

Ein eigenes Vertriebskonzept sei derzeit im Aufbau. Auch so sind ihre zehn Senfsorten bei rund 100 Feinkostgeschäften in Deutschland und der Schweiz gelistet. Im Onlineshop werden sie für 6,50Euro je Glas angeboten.

Selbst Sterneköche greifen zu den Produkten aus der kleinen Manufaktur, die mittlerweile in Eilbek in einer alten Käserei sitzt. Der aus Fernsehshows bekannte Johannes King habe den Senf schon für Gerichte in seinem Feinschmecker-Tempel Söl’ring-Hof auf Sylt genutzt, sagt Osterholz. Ebenso das vom international bekannten Gastronomieführer Guide Michelin ausgezeichnete Restaurant und Hotel Stolz in Plön oder das Hamburger Fünf-Sterne-Haus Louis C. Jacob an der Elbchaussee.

Vor zweieinhalb Jahren erweiterte Osterholz zudem ihr Sortiment um Soßen. Auf Tomatenbasis können sie auf drei Versionen mit Pflaume und Kakao, Paprika und Curry oder Chili und Honig zurückgreifen.

Zur wirtschaftlichen Entwicklung sagt sie nur so viel: „Ich habe nie einen Kredit aufgenommen. Wir schreiben von Anfang an schwarze Zahlen und machen Gewinn.“ Im vergangenen Jahr sei die Firma im Vergleich zu 2012 im zweistelligen Prozentbereich gewachsen und habe mehr als eine Tonne Senfsaat verarbeitet. Maximal fünf Personen beschäftigt sie derzeit in der Saison, die vor allem durch das Weihnachtsgeschäft und die Frühjahrsbelebung mit den ersten Grillern geprägt ist. Vor ein paar Jahren ist Schwester Sonja als Vollzeitkraft ins Unternehmen eingestiegen. Während sich die 30-Jährige um Buchhaltung und Kundenbetreuung kümmert, bleibt ihre ältere Schwester für Innovationen zuständig. Eva Osterholz: „Die Entwicklung von neuen Produkten bleibt in meiner Hand. Daran hängt mein Herz.“

Ursprünglich war das mal eineFreizeitbeschäftigung, der ich abends nachgegangen bin.