Premier Tusk sucht Verständnis für Sorge seines Landes vor Moskaus Expansionsdrang

Berlin. Eines haben die vergangenen Wochen den polnischen Ministerpräsidenten gelehrt. „Wenn es um militärische Sicherheit geht“, sagte Donald Tusk, „hat Polen keine bessere Garantie als die Vereinigten Staaten.“ Dass der Regierungschef diese Feststellung unmittelbar vor dem Beginn seiner Dienstreisen nach Frankreich und Deutschland traf, dürfte kein Zufall gewesen sein. Denn seit Beginn der Ukraine-Krise hatten Tusk und sein Außenminister Radek Sikorski vergeblich versucht, bei den westeuropäischen Verbündeten Verständnis für die in ihrem Land grassierende Sorge über den neuen russischen Expansionsdrang zu wecken. Während die Amerikaner in dieser Woche 150 Fallschirmjäger nach Polen verlegten und in den nächsten Tagen weitere 450 Soldaten nach Lettland, Litauen und Estland schicken werden, verweigerte die Nato diese von Polen und Balten gewünschte Geste der Solidarität. Insbesondere Berlin und Paris vertraten im Rat des Bündnisses den Standpunkt, dass Truppenverlegungen nach Osteuropa eine unnötige Provokation Moskaus seien und in eine „Eskalationsspirale“ münden könnten.

Nun ist der militärische Wert von einigen Hundert Soldaten begrenzt. Den Amerikanern geht es eher um ein „sehr greifbares“ Bekenntnis zu ihren osteuropäischen Partnern, wie Pentagon-Sprecher John Kirby sagte. Außerdem sende der Schritt eine „Botschaft“ an Moskau, dass Washington seine Bündnisverpflichtungen „sehr ernst“ nehme. In den USA, Polen oder dem Baltikum glaubt man: Nur eine von militärischer Entschlossenheit flankierte Diplomatie wird bei Russlands Präsident Wladimir Putin Eindruck machen.

Dieser Meinung ist auch Nato-Generalsekretär Anders Fogh Rasmussen, der sich damit im zu Einstimmigkeit der 28 Mitglieder verpflichteten Bündnis freilich nicht durchsetzen konnte. Zwar hat auch die Nato beschlossen und verkündet, ihre „Verteidigungsmaßnahmen zu Land, zur See und in der Luft“ zu verstärken, wie Rasmussen sagte. Und die Bundesregierung verweist darauf, dass sich die Bundeswehr an diesen Maßnahmen beteilige.

Ein näherer Blick auf das geplante Engagement der deutschen Streitkräfte belegt indes, dass dieses Bekenntnis vor allem Rhetorik ist. Denn tatsächlich werden bereits seit Jahren laufende Nato-Operationen lediglich „maßvoll akzentuiert“, wie es in der Bundesregierung heißt. So hört es sich zwar eindrucksvoll an, dass sich bis zu sechs Kampfflugzeuge vom Typ „Eurofighter“ ab September für vier Monate an der Luftraumüberwachung über dem Baltikum beteiligen werden. Dieses „Air Policing“ wird seit 2004 von Nato-Mitgliedern durchgeführt, Deutschland hatte diese Aufgabe zuletzt 2012 für vier Monate übernommen. Von September bis Dezember 2014 ist Portugal an der Reihe. Daran wird sich auch nichts ändern.

Nach derzeitigem Planungsstand wird die deutsche Luftwaffe zusätzlich vier Eurofighter ins Baltikum schicken, die sich allerdings nicht an der eigentlichen Luftraumüberwachung beteiligen, sondern unbewaffnete Übungsflüge absolvieren sollen. Womöglich werde man den Portugiesen außerdem als „Sparringspartner“ zur Verfügung stehen, heißt es im Verteidigungsministerium. Der zweite Teil des deutschen Beitrags ist die Entsendung des Tenders „Elbe“ mit 45 Soldaten Besatzung. Das Schiff soll von Ende Mai bis Anfang August ein Minenräummanöver in der Ostsee leiten. Auch diese Übung ist allerdings nichts Neues: Der nun anstehende Einsatz war bereits seit Längerem geplant.