Kleine Fluchten Das Hotel Dornbusch in Kloster ist eine der ersten Adressen auf der Insel für Kunst und Literatur

Schon von Weitem ist bei klarer Sicht der Hafen zu sehen. Die Fähre drosselt ihr Tempo, die Gäste sammeln ihr Gepäck zusammen, die Besatzung macht sich zum Anlegen bereit. Kaum angekommen, schnappen sich die Gäste ihre Trolleys und rollen los. Nach wenigen Metern in Richtung Ortszentrum erhebt sich auf einer kleinen Anhöhe das Hotel Dornbusch mit seiner leuchtenden Fassade in Blau und Weiß.

Wer das Haus betritt, kann im Eingang lesen, wer vor knapp 100 Jahren hier residierte. Als der Bädertourismus begann, zog es vor allem Städter nach Hiddensee und an die Ostseeküste. Das 1913 erbaute Hotel Dornbusch gehörte zu den ersten Adressen. Die reproduzierten Seiten des alten Gästebuchs, die gerahmt im Treppenhaus hängen, erzählen davon. Der Maler und Berliner Professor Emil Orlik, zu dessen Schülern George Grosz gehörte, verbrachte im Juli 1919 seine Sommerfrische auf der Insel, die Schauspieler Gustaf Gründgens und Otto Gebühr folgten in den 20er-Jahren. Auch der Schriftsteller Carl Zuckmayer sowie der Regisseur und Drehbuchautor Billy Wilder wohnten im Dornbusch.

Der erste Besitzer Paul Gaul wusste seinen Gästen sein Haus schmackhaft zu machen. Zu einladenden Fotos von den Zimmern, der Veranda und dem großen Speise- und Gesellschaftssaal schrieb er damals „größtes und vornehmstes Hotel am Platze, herrliche Lage am Fuße des Hiddenseer Hochlandes mit Aussicht auf die Binnengewässer und das große offene Meer“. Sein Hotel, nahe Hafen und Strand gelegen, war für Paul Gaul „der Mittelpunkt des gesellschaftlichen Verkehrs“. An der Lage hat sich nichts geändert. Die historische Fassade ist erhalten geblieben, dahinter wurde alles neu gemacht. Das Lesezimmer, das Restaurant und die 28Gästeappartements sind mit hellen Möbeln aus Ahornholz, Rattan und blauen Stoffen eingerichtet. Längst ist das Haus kein vornehmes Hotel mehr, sondern eine Adresse, in der sich Paare und Familien mit Kindern wohlfühlen. Das Restaurant Inselstube mit großer Fensterfront ist gleichzeitig der Frühstücksraum.

Nach dem Zweiten Weltkrieg diente das Haus als Flüchtlingsunterkunft. Der frühere Besitzer verkaufte das Hotel an seinen Oberkellner. Anschließend wurde das ehemalige Hotel Dornbusch eine HO-Gaststätte mit Tanzsaal, 1996 eröffnete es als Betriebsferienheim und wurde im Jahr 2000 wieder geschlossen. Ein Unternehmer aus Schleswig-Holstein kaufte das Objekt, setzte Stefan Schlegel, den heutigen Leiter, 2004 als Geschäftsführer ein. „Ich bin nach und nach in die Hotellerie hineingewachsen“, sagt Schlegel, der aus der Nähe von Dresden stammt. Die Heidelandschaft bei Neuendorf mit den weiten Wiesen im Süden und das Vogelschutzgebiet in Altbessin nordöstlich von Kloster mit guter Sicht zur Insel Rügen begeistern ihn immer noch.

Wenige Meter vom Hotel Dornbusch entfernt befindet sich am Rande des Ortszentrums das Haus des Dichters, Dramatikers und Literaturnobelpreisträgers Gerhart Hauptmann. Schon bei seinem ersten Aufenthalt 1885 beeindruckte ihn die Natur der Insel. Weitere Reisen folgten, und 1930 erwarb er das Haus Seedorn als Sommerhaus. Seit 2012 besitzt das Haus einen Ausstellungspavillon mit einer gut sortierten Buchhandlung. So wie Gerhart Hauptmann zog es viele Künstler, Schriftsteller und Schauspieler nach Hiddensee. Diesen wird künftig eine Ausstellung in dem neuen Gebäude gewidmet. Mehr über die Inselgeschichte und auch über ihre illustren Bewohner kann man wenige Meter weiter im Heimatmuseum erfahren.

Am besten lässt sich die Insel mit dem Fahrrad oder der Kutsche entdecken. Schließlich ist der Hauptort Vitte nur etwa zwei Kilometer entfernt. Kurz vor Vitte befindet sich linkerhand das „Karussell“. Der Architekt Max Taut entwarf das moderne, fast runde Haus ursprünglich für einen Geschäftsmann. Berühmt wurde es erst durch die zweite Besitzerin, den dänischen Stummfilmstar Asta Nielsen. Bis 1936 verbrachte sie hier mit ihrer Schwester und Gästen, darunter der Schauspieler Heinrich George und der Dichter Joachim Ringelnatz, jeden Sommer. Heute kann man das Haus besichtigen.

Im Vier-Sterne-Hotel Dornbusch in Kloster genießt am nächsten Morgen unter den Gästen auch das Ehepaar Köhler aus Oberursel bei Frankfurt das Frühstücksbüfett. „Wir besitzen seit zwölf Jahren eine Ferienwohnung auf Rügen und sind jetzt zum ersten Mal auf Hiddensee“, erzählt der Richter Daniel Köhler. Schon nach zwei Tagen wissen er und seine Frau: Es wird sicher nicht ihr letzter Besuch auf dieser Insel gewesen sein.