Studio Toneworx lokalisiert erfolgreich Games wie „Simpsons“, „Herr der Ringe“ oder „Tomb Raider“

„Baphomets Fluch“ ist für Toneworx eher ein Segen. Sechs Tage lang war bis Anfang März eins der vier Tonstudios der Hamburger Firma gebucht. 15 Schauspieler sprachen die 26 Rollen für den fünften Teil der Abenteuergeschichte mit dem Namen „Der Sündenfall“. Danach folgte in der Postproduktion das Mischen und Fertigstellen der deutschen Version. Für fast alle Teile erstellte das Hamburger Tonstudio die lokalisierte Fassung. „Das ist keine reine Übersetzung der Sprache, sondern eine Anpassung an die lokalen Verhältnisse und Kultur“, sagt Geschäftsführer Jörg Mackensen.

Der Groß- und Außenhandelskaufmann rutschte eher zufällig in die Branche. Nach einer dreimonatigen Rucksacktour mit seiner Frau durch Mittelamerika suchte er Mitte der 1990er-Jahre einen Job. Ein Tonstudio in Eimsbüttel wurde umgebaut, er war handwerklich geschickt, machte mit, wurde dort Geschäftsführer. 1998 gründet er mit seinem Geschäftspartner Andreas Gensch das eigene Studio Toneworx in Alsterdorf. Gleich der erste Auftraggeber ist prominent: Marktführer Electronic Arts (EA). „Ich habe die einfach angerufen und gesagt, was ich anbieten kann“, sagt der 49-Jährige. Das Unternehmen leistet neben der Übersetzung für den deutschen Markt auch die Umwandlung von Bildschirmtexten und Grafiken sowie Audioleistungen wie Musik und Soundeffekte. Letzteres liefern aber fast immer die Spieleentwickler mit.

Wenn Toneworx mit der Arbeit beginnt, gibt es meist nur Basisinformationen über das Spiel. Zum Beispiel eine Kurzbeschreibung der Figuren oder einen Screenshot. „Die echte grafische Umsetzung sieht aber meistens leicht anders aus“, sagt Mackensen. Eine große Hilfe ist es, wenn der Originalton mitgeliefert wird. „Ein Game ist nichts anderes als ein Spielfilm“, sagt Mackensen. Handlung und Sound müssen perfekt zusammenpassen. Wenn eine Figur im Original lacht, muss sie dies auch in der deutschen Version machen. „Witze kann man aber nicht einfach übersetzen.“ Zündet die Übersetzung des Gags nicht, muss eine Alternative gefunden werden. Bei Liedern muss genau hingehört werden. Teilweise sind in ihnen Hinweise für das Spiel versteckt, sodass sie übersetzt werden müssen.

Die bekanntesten Spielefirmen gehören mittlerweile zu den Kunden von Toneworx: Hasbro, Eidos, Ubisoft – und Bigpoint aus Hamburg. Spieleadaptionen großer Kinofilme wie „Der Herr der Ringe“, „Star Wars“ und „Der Pate“, aber auch der Bestseller „Deus Ex“ sind auf den 1100 Quadratmetern in Alsterdorf lokalisiert worden. Anke Engelke sprach für die „Simpsons“ Mutter Marge, Nora Tschirner lieh Lara Croft in „Tomb Raider“ ihre Stimme. Auch die deutschen Synchronstimmen der Hollywoodstars Brad Pitt (Tobias Meister) und Johnny Depp (David Nathan) sind in der Firmendatenbank. Mackensen: „Mit rund 3100 Einträgen dürften wir das größte Einzelarchiv in Deutschland haben.“ Um die Aufträge für die Synchronisation im deutschsprachigen Raum buhlt Toneworx mit zehn Konkurrenten. „In Hamburg sind wir eines der größten Tonstudios“, sagt Mackensen. Bei der Handelskammer sind 250 Firmen in dem Segment gemeldet, die 68 größeren davon im Handelsregister eingetragen. Der Wettbewerb habe sich zuletzt verschärft, sagt Mackensen. Berlin habe mit Subventionen gelockt und dadurch für Firmengründungen gesorgt. „Es erscheint so, als würde es immer günstiger, ein Tonstudio zu bauen.“ Bei der Technik purzeln die Preise bei besserer Qualität. Sprecher könne man schnell über deren Homepage mit Hörprobe im Internet finden. Und die abgelieferte Qualität des Produkts wird zunehmend zweitrangig. „Viele Unternehmen setzen sich Budgets, die eingehalten werden müssen.“

Kostete ein Tonstudio für die Gamesvertonung 1996 noch 2000 D-Mark (1023 Euro) pro Tag, sind es heute nur noch 700 Euro. In Onlinespielen, die zuletzt kräftig wuchsen, ist der Tonanteil geringer. Aufträge aus dem Segment gibt es daher kaum.

Toneworx litt unter dieser Entwicklung. Nach jahrelangem steilen Wachstumskurs ging es seit 2010 bergab. „Heute erzielen wir in einem Jahr noch etwa 40 Prozent des Umsatzes von 2010“, sagt Mackensen, ohne absolute Zahlen zu nennen. Die Alsterdorfer reagierten und strichen das Personal von 22 Festangestellten auf sieben zusammen. Trotz der Erlöseinbrüche sagt Mackensen: „Wir haben von Anfang an profitabel gearbeitet und sind profitabel.“ Bisher kommen 80 Prozent der Einnahmen aus dem Gamesbereich, künftig soll das Geschäft mit Hörspielen und Werbung ausgeweitet werden. Auch ein Ausbau von Firmenveranstaltungen ist geplant. 50 Mitarbeiter einer Versicherung nahmen zum Beispiel ein Hörspiel auf. Zum Ausklang der Feier wurde das Werk aufgeführt.

Der Boden beim Umsatz sei für sein Unternehmen Toneworx nun erreicht, sagt Jörg Mackensen, der allerdings auch glaubt: „Einige Konkurrenten werden aber künftig vom Markt verschwinden.“

Es erscheint so, als würde es immer günstiger, ein Tonstudio zu bauen.