Jeder Stadtteil hat seine eigene Geschichte. Der Historiker und Abendblatt-Redakteur Dr. Matthias Schmoock hat sich auf eine Zeitreise begeben

Kein Autobahnkrach, keine Betonklötze, kaum entstellende Kriegsschäden. Schöne Lage, schöner Blick und nette Häuser. Dazu ein sympathisches Image und landesweite Bekanntheit. Blankenese hat es gut, und obendrein kann es auf eine stolze Geschichte zurückblicken. Schon zwischen 1350 und 1650 soll es einen regen Fährverkehr zwischen Blankenese und der gegenüberliegenden Elbseite gegeben haben, die Quellenlage dazu ist aber dünn.

Im Jahr 1258 wurde auf dem Süllberg (Sollenberg) eine Burg (die zweite) errichtet. Das dortige Glück der Grafen von Holstein war aber nur von kurzer Dauer: Um 1265 zerstörten die Hamburger das Bauwerk schon wieder.

1301 wurde zu einem wichtigen Datum für Blankenese: Damals tauchte der Name der Ortschaft erstmals auf, außerdem wurde – nun wirklich und wahrhaftig – von einer Fähre berichtet. 1350 reisten Hamburger Ratsherren „uppe den Oord tho Blanknese“, und 14Jahre später wurden immerhin schon acht Einwohner gezählt. Um das damalige Fährhaus entstand am Hang das Treppenviertel mit kleinen Häusern für Fischer und Lotsen. Eine weitere Zahl, auf die heimatverbundene Blankeneser stolz sind: Im Jahr 1670 wurden für Hamburg und Altona 30 beziehungsweise 18 Schiffe registriert – aber Blankenese konnte 48 Ewer bieten. Noch im Jahr 1842 hatte Blankenese mit 243 seetüchtigen Schiffen eine größere Flotte als Hamburg. Um 1720 wurden bereits 700 Einwohner gezählt – und 101 Häuser. Kuriosum am Rande: Von Blankeneses 200 Einwohnern um 1700 hießen 80 Breckwoldt.

Der Wohlstand kam schnell nach Blankenese: Im ausgehenden 18. Jahrhundert wurden bereits die ersten Villen an der Elbchaussee errichtet: Für den Kaufmann Peter Godeffroy baute Christian Friedrich Hansen an der Elbchaussee 547 das „Weiße Haus“, und im Jahr 1802 erwarb der Kaufmann Georg Friedrich Baur das Gelände des späteren Baurs Park.

1814 ein Schock, der heute kaum vorstellbar ist: Ein Großfeuer vernichtete im Ort 50 Häuser. Zwölf Jahre später brannten das Fährhaus und elf weitere Gebäude nieder. Das neue Fährhaus, erbaut 1826, ist heute das Restaurant Sagebiels Fährhaus. Der Name Peter Georg Carl Hansen sagt den Blankenesern heute vermutlich kaum mehr etwas. Sollte er aber. Denn Hansen kaufte im Jahr 1837 den Süllberg, ließ dort einen Turm erbauen und eine Milchwirtschaft eröffnen. Ein ganz neuer Anblick für die immerhin schon 2100 Einwohner.

Große Veränderungen brachte auch das Jahr 1848 für den Ort an der Elbe: Damals begann der regelmäßige Dampferverkehr mit Cranz, Estebrügge und Buxtehude, und als erstem Blankeneser Kapitän gelang Hein Kröger mit seiner Brigg „Maria“ die Umfahrung von Kap Hoorn.

Laut einer Chronik waren im Jahr 1853 fast alle Männer des Ortes bis 60Jahre Seemann oder Fischer. Moderne Zeiten: 1850 erhielt Blankenese sein erstes Postamt, das allerdings noch dänisch verwaltet wurde. Die Post in der Bahnhofstraße wurde erst im Jahr 1890 erbaut.

Von 1867 an waren die Blankeneser dann mit wenig Begeisterung preußisch. Im selben Jahr ging die Zugverbindung nach/von Altona in Betrieb, 1883 konnte man sogar weiter bis nach Wedel fahren. 1899 zuckelte die erste elektrifizierte Straßenbahn bis zum Mühlenberger Weg. Im Jahr 1890 erreichte Blankeneses Einwohnerzahl bereits die stolze Marke 4100. Fünf Jahre später wurde die Blankeneser Kirche errichtet, drei Jahre darauf – für die Leute von der Waterkant mindestens genauso wichtig – folgte die Gründung des örtlichen Segelklubs BSC.

1918/19 ging Dockenhuden in Blankenese auf, neun Jahre später hatte dann Blankenese (aus Sicht vieler Traditionalisten vor Ort) das Nachsehen: Es folgte die Eingemeindung nach Altona, 1937/38 nach Hamburg.

Die Eröffnung der S-Bahn-Strecke nach Wedel (1954) und die Gründung des Mühlenberger Segelclubs MSC 1961 waren zwei der vielen Highlights aus Blankeneses Nachkriegsgeschichte. Die Glückssträhne dieses Stadtteils hält immer noch an.

1301 tauchte der Name der Ortschaft erstmals auf. Noch 1842 hatte Blankenese eine größere Flotte als Hamburg.