Die Hamburger Managerin Kerstin Plehwe hat im Krüger-Nationalpark eine Ausbildung zur Rangerin gemacht. Ihre Erlebnisse beschreibt sie in einem Buch

Ben liegt in der Schublade. „Im Notfall kann ich ihn wieder rausholen“, sagt Kerstin Plehwe. Die Unternehmerin spricht von ihrem Blackberry. Sie hat es Ben getauft, was zeigt, wie wichtig das Gerät im Leben der Managerin war. Ihm galt der erste Blick am Morgen und der letzte am Abend. Plehwe ist das, was man eine Karrierefrau nennt: Sie hat zwei Firmen, schreibt Bücher, hält Vorträge. Sie weiß, was es heißt, die Wochenenden durchzuarbeiten, sie kennt aber auch den Luxus, sich leisten zu können, wonach ihr ist. Eine schicke Wohngegend, einen Sportwagen, Markenkleidung.

Und dann gab es da diesen Moment im südafrikanischen Busch. „Ich habe plötzlich gemerkt, dass mir dort, wo ich all das nicht hatte, nichts davon fehlte“, sagt Plehwe, Jahrgang 1967. „Das war das schönste persönliche Erlebnis in dieser Zeit. Ich war zutiefst glücklich und fühlte mich regelrecht befreit.“

Die Managerin hat das gemacht, wovon viele träumen: Sie hat sich eine Auszeit genommen und im Krüger-Nationalpark eine Ausbildung zur Rangerin gemacht. In „Die Weisheit der Elefanten“ (Piper Verlag, 19,99 Euro) hat sie ihre Erlebnisse und Erfahrungen aufgeschrieben. Was hat es aber auf sich mit dieser Weisheit der Dickhäuter?

Plehwe berichtet von einer Beobachtung. Auf einer Tour durch den Park entdeckten ihr Team und sie eine Elefantenherde. „Man sieht schnell, wer die Leitkuh ist.“ Nämlich jene, die immer wieder innehält und im festen Stand die Situation checkt. Über ihre Füße und den Boden erfühlt die Elefantenkuh die Umgebung: Wer aus der Herde ist wo, bahnen sich Konflikte an, wo lauern Feinde? Erst dann entscheidet das Leittier, wie es weitergeht. „Sie realisiert die Situation, bevor sie agiert.“ Das hat sich nun auch Plehwe angewöhnt. Wenn sie heute einen Raum für ein Meeting betritt, hält sie erst mal kurz inne, versucht ein Gefühl für die Stimmung zu bekommen. Erst dann begrüßt sie die Gruppe. „Wir sind oft so getrieben, dass uns der Blick für die wichtigen Details verloren geht.“ Das habe sie in Afrika gelernt, aber auch, dass das Leben ganz schnell vorbei sein kann und dass es wichtig ist, nicht zig Dinge auf einmal zu tun. Dabei hatte Plehwe ihren Traum von der Rangerausbildung fast schon vergessen. Erst die Frage einer Frau, die sie für ein Buchprojekt interviewte, erinnerte sie daran, dass da etwas in ihr schlummerte. Plehwe ist in Pretoria in Südafrika aufgewachsen. Als das Mädchen etwa 13 war, zog die Familie zurück nach Deutschland. Plehwe machte Abitur, studierte, zog nach Hamburg, gründete eine Firma, gründete eine zweite, pendelte zwischen der Hansestadt und Berlin. Hamburg ist dennoch ihr Zuhause.

Es passt also, dass die Managerin ihre Karriere auf Eis legte und im Busch wieder zur Schülerin wurde. Sie büffelte Vogelarten, las Spuren und stieß an ihre Grenzen. Denn auch wenn Plehwe nach ihrer Rückkehr wieder in ihren alten Beruf eingestiegen ist, hat sich ihr ganzes Leben verändert. Einmal täglich geht sie bewusst nach draußen in die Natur. Das gibt ihr Kraft. Plehwe hat sich eine schlichte Hütte an der Ostsee gekauft, wo sie und ihr Mann viel Zeit verbringen: „Das Leben besteht nicht nur aus Job, Karriere und Erfolg.“

Am 31. Oktober um 19 Uhr liest Kerstin Plehwe im Abaton Kino aus ihrem Buch. Die Karten dafür kosten 8,50 Euro, ermäßigt 7,50 Euro. Reservierung unter Tel. 41 32 03 20.

Wir sind oft so getrieben, dass uns der Blick für die wichtigen Details verloren geht.